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»Warum kein Sozialplan?«

Sparkassen-Mitarbeiter von Personalrat und Vorstand tief enttäuscht

Von Michael Delker
Gütersloh (WB). Jeder zehnte Mitarbeiter der Sparkasse Gütersloh soll bis zum Jahresende gehen. Vom Personalrat und den Vorständen Eckhard Heitlage sowie Hans-Hermann Kirschner fühlen sich die 43 Betroffenen im Stich gelassen. Eine soziale Auswahl, erklärt eine Mitarbeiterin, der ebenfalls ein Aufhebungsvertrag vorgelegt wurde, habe nicht stattgefunden. »Die Art und Weise, wie hier mit verdienten Mitarbeitern umgegangen wird, ist eine Frechheit«, sagt sie im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT.

Viele der 43 Mitarbeiter seien älter als 40 Jahre, seit mehr als 15 Jahren bei der Sparkasse und damit eigentlich unkündbar. Unter den Betroffenen befänden sich alleinverdienende Väter, alleinerziehende Mütter, Behinderte und Alleinstehende. Die meisten seien Eigengewächse der Sparkasse. »Warum gibt es, wie in anderen Unternehmen üblich, keinen Sozialplan?«, fragt eine weitere Betroffene. Ihr sei schleierhaft, warum der Personalrat und auch der Aufsichtsrat den Arbeitsplatzabbau in dieser Form mittragen würden. Es hätte andere Möglichkeiten für Einsparungen gegeben - zum Beispiel das Einfrieren des Weihnachtsgeldes oder ein freiwilliger Gehaltsverzicht.
Den beiden Vorständen Eckhard Heitlage und Hans-Hermann Kirschner werfen die Betroffenen vor, nicht rechtzeitig reagiert zu haben. Durch das Internet-Banking ändere sich das Kundenverhalten bereits seit zehn Jahren. Der Arbeitsplatzabbau hätte ihrer Meinung nach in diesem Zeitraum sozialverträglicher vorgenommen werden können. Intern hätte die Nachricht in der vergangenen Woche einen großen Flurschaden angerichtet. »Angst und Schrecken regiert das Betriebsklima«, klagt eine Betroffene, »und uns wurde der Stempel der Aussätzigen aufgedrückt«.
Die Art und Weise, wie ihnen am Montag und Dienstag die sofortige Freistellung mitgeteilt wurde, sorgt bei den Betroffenen ebenfalls für Verdruss. Im Schnitt hätten sich die jeweiligen Vorgesetzten pro Gespräch nur 15 Minuten Zeit genommen, an seinen Arbeitsplatz hätte man anschließend nicht mehr zurückkehren können. Es sei ein psychologischer Druck aufgebaut worden. Außerdem habe man ihnen nahe gelegt, mit Kollegen nicht über die Freistellung zu reden. »Man hat uns isoliert«, sagt eine Betroffene dem WESTFALEN-BLATT.
Um die 43 Mitarbeiter wieder in neue Jobs zu bringen, hat die Sparkasse das Personalberatungsunternehmen von Rundstedt und Partner (Detmold) beauftragt. In einem so genannten »Job-Center« sollen sie beraten und betreut werden. Für eine Betroffene wird mit dieser Maßnahme nur eine Alibi-Funktion erfüllt. »Die Sparkasse will mit dieser Maßnahme ihr soziales Antlitz wahren. Wer stellt schon einen Bankkaufmann ein, der 40 Jahre oder älter ist?«, fragt sie.

Artikel vom 19.06.2006