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Mitten drin, statt nur dabei

Florian Weyand erlebt die WM als Volunteer hautnah am Spielfeldrand

Von Per Lütje
Löhne/Berlin (LZ). Manch einer blättert tausende Euro hin, um bei der Fifa-Fußball-WM dabei zu sein. Doch so nah wie Florian Weyand wird selbst ein VIP-Karten-Inhaber Spielern wie Ronaldinho oder Adriano nie kommen. Und der hat nicht einmal dafür bezahlt. Der Löhner ist Volunteer und kümmert sich im Berliner Olympiastadion um die Fotografen. Und die sitzen bekanntlich in der ersten Reihe, direkt am Spielfeld.

Der 22-Jährige ist einer von 2 000 Volunteers - zu Deutsch Freiwilligen -, die in Berlin ehrenamtlich zum Gelingen der Fußballweltmeisterschaft beitragen. »Ich hatte mich bereits im Vorfeld des Konfed-Cups beworben, bin für diesen Wettbewerb nicht berücksichtigt worden«, erzählt Florian Weyand. Längst hatte er das Abenteuer WM-Volunteer zu den Akten gelegt, als dann im August 2005 der Anruf kam. Es folgte ein Bewerbungsgespräch, und dann endlich hatte der junge Mann, der in Bielefeld Politik studiert, das begehrte »Freiticket« für die Weltmeisterschaft in der Tasche. Berlin ist für Florian in diesen tagen mehr als eine Reise wert.
»Ich bin einer von zwölf Foto-Volunteers, die sich während eines Spiels um die internationalen Fotografen kümmern. Ich weise zum Beispiel Plätze zu, versorge die Journalisten mit Getränken oder verteile die Teamaufstellungen«, erzählt er. So habe er bereits zwei Stunden vor der Öffentlichkeit gewusst, mit welcher Aufstellung Klinsmann gegen Polen antritt.
Geld bekommt Florian Weyand, der bei einem Studienfreund aus Löhne wohnt, wie auch alle anderen Volunteers keines für seinen Einsatz. Aber das, was der 22-Jährige bis dato in Berlin erlebt hat, sei ohnehin unbezahlbar. »Näher als ich kommt keiner ans Spielfeld. Als Kaka ein Traumtor gegen Kroatien erzielte, war ich keine zehn Meter entfernt. Beim Jubeln stand er dann unmittelbar vor mir. Ich habe mich später im Fernsehen gesehen«, schwärmt der junge Mann. Unglaublich sei auch der ohrenbetäubende Lärm im Stadion. »Das kommt im Fernsehen gar nicht rüber. Die Stimmung ist einfach fantastisch. Und auch friedlich. Von irgendwelchen Ausschreitungen habe ich noch nichts mitbekommen«
Auch bei den Trainingsspielen ist Florian immer hautnah dabei. Doch Kontaktaufnahme zu den Spielern ist strengstens verboten. »Das wird von der Fifa überhaupt nicht gerne gesehen, wenn man als Volunteer den Fotoapparat zückt oder um ein Autogramm bittet.«
Trotzdem plant der Löhner Fußballfan einen Regelverstoß und hat sich vorgenommen, sich das Nationaltrikot eines ganz bestimmten Spielers zu schnappen. »Wenn Deutschland im Finale gegen Brasilien antritt, und davon gehe ich ganz fest aus, werde ich nach der Partie versuchen, das Trikot von David Odonkor zu bekommen. Mit dem habe ich nämlich mal in der Jugend zusammen Fußball gespielt. Ich glaube nicht, dass er mich noch erkennt, aber vielleicht klappt es ja.«

Artikel vom 17.06.2006