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Das Wort zum Sonntag

 Von Pfarrer Bernd Kollmetz


IIn den vergangenen Wochen war in einer großen Tageszeitung der Hinweis zu lesen, dass die Religion in unserer Gesellschaft an Bedeutung gewinnen wird. In einer Welt, die in ihrem Verstehen sowie in ihren Abläufen immer komplizierter wird, sehnt sich der Mensch nach Überschaubarkeit und Verbindlichkeit. Ohne diese Stützen ist gemeinsames Leben schwer vorstellbar. Im privaten über das berufliche bis in das politische Leben hinein wirkt dieser Wunsch, damit nicht die Gefahr besteht, in einer haltlosen Welt leben zu müssen. Wir spüren regelrecht, dass der moderne Geist des sanften Relativismus, in welchem alles erlaubt zu sein scheint, uns rat- und kraftlos zurück lässt.
Aber dann melden sich die Zweifel. Wem kann ich trauen? Gilt das, was heute gesagt wird, auch noch morgen? Und es fällt mir der berühmte Satz aus Goethes Faust ein: »Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.« Hören und Vertrauen scheinen aufeinander bezogen zu sein. Sie bilden eine Einheit. Und wehe, diese Einheit wird auseinandergerissen. Vielleicht liegt gerade hierin die Tragik, dass die Tagespolitik an Zustimmung verliert, weil nicht klar ist, ob das Gesagte auch wirklich gemeint ist.
Ebenso gilt dies für die ganz kleinen Begebenheiten, die sich im Alltag ereignen. Und für den Bereich, in welchem ich tätig bin, ist das rechte Hören von entscheidender Bedeutung. Die Heilung eines Patienten beginnt in dem Augenblick, in welchem er darauf vertrauen darf, dass genau hingehört wird. Nicht ohne Grund steht am Anfang der Behandlung eines kranken Menschen die Diagnose, die sich nur aus aufmerksamen Zuhören erschließen lässt.
Das rechte Hören wird so zur Voraussetzung für ein verbindliches Handeln. Auf diese Erfahrung baut auch der christliche Glaube. Ohne dieses Hören geht es nicht. Paulus hat darauf verwiesen, dass der Glaube aus dem Hören erwächst. Dies ist die Grundhaltung des Glaubenden. Es gilt, Gott zuzuhören und offene Ohren zu haben, damit ich meinen Mund öffnen kann, wenn ich von diesem Gott erzähle. Darin liegt auch die Kraft des Glaubens, wenn er mir helfen will, mein Leben zu leben. Und deshalb hat Jesus gesagt: »Wer euch hört, der hört mich und wer euch verachtet, der verachtet mich.« Ermutigende Worte, die unser Ohr erreichen.
Dabei geht es nicht um irgendeine Mitteilung, ausgesprochen in der Flüchtigkeit des Alltags. Es geht vielmehr um die Verbindlichkeit, die Gott eingegangen ist in Jesus Christus. Und auf diese Verbindlichkeit dürfen wir vertrauen. Wir hören nicht nur die Botschaft, wir können ihr auch vertrauen, weil Gott es ernst meint mit uns. Und unser Glaubenszeugnis, das dieses Gehörte bezeugen will, sind wir der Welt schuldig.
Wir reden nicht von Beliebigkeiten menschlichen Handelns, dass morgen bereits durch neue Rahmensetzungen aufgehoben werden kann. Unser Glaube macht Mut, das lebendige Wort Gottes hören zu wollen und voller Vertauen zu leben. So lädt unser Glaube unseren Nächsten ein, seine Ohren zu öffnen für die Botschaft und der Zusage Gottes zu vertrauen.

Artikel vom 17.06.2006