17.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

30 Millionen: Aus Mark wird Euro

Die Vorgeschichte: Die Idee zur Gründung des zunächst »Haus des Möbels« genannten Projektes entstand bei einer Regionaltagung der ostwestfälischen Möbel- und Zulieferindustrie Der damalige Landes-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gab entscheidende Anstöße, ein branchenbezogenes Kompetenzzentrum zu entwickeln.
August 1997: Das Goldress-Gelände an der Goebenstraße wird für den Neubau favorisiert, in dem »Haus des Möbels«, Stadtmuseum und private Sammlungen von Jan A. Ahlers und Karl Kerber vereint werden sollen.
Februar 1998: Die Bausumme wird mit 30 Millionen Mark (!) angesetzt.
Mai 1998: Gründung einer gemeinnützigen Trägergesellschaft für Möbel, Kultur und Kunst (MKK).
September 1998: Das Land NRW stellt 19 Millionen Mark für den Bau in Aussicht.
November 1998: Kauf des Ahlers-Geländes für 5 Millionen Mark. Architekt Frank Gehry soll engagiert werden.
Januar 1999: Gehry stellt seinen Entwurf vor.
März 2001: Der Name MARTa wird geboren.
Juni 2001: Grundsteinlegung; der Freundeskreis MARTa wird gegründet.
August 2001: Jan Hoet wird offiziell Direktor.
Dezember 2002: Möbler unterzeichnen Vertrag mit MKK; MKK will Personalbüro (»Headhunter«) einsetzen, um einen Geschäftsführer für das Management der Kunst- und Veranstaltungshalle zu finden. Bürgermeister Thomas Gabriel erklärt, in Ostwestfalen-Lippe sei man nicht fündig geworden.
März 2003: Die Herforder SPD erklärt, sie stehe weiterhin zu dem 21 Millionen Euro teuren Museum MARTa. Christa Jahnke-Horstmann (SPD) sagt mit Blick auf Bürgermeister Thomas Gabriel: »Wir müssen den Finger auf das Missmanagement legen und deutlich machen, dass der Bürgermeister das Projekt nicht gebacken bekommt.«
Mai 2003: Schlagzeile: »MARTa-Baukosten laufen davon«; Bürgermeister Gabriel teilt dem Rat mit, dass die Baukosten den Rahmen von 21 Mio. Euro um bis zu 2,5 Mio. Euro überschreiten werden. Politik will Bauablauf stärker kontrollieren.
Juni 2003: MKK-Geschäftsführer Dr. Berno Haller verlässt nach nur acht Wochen in der Probezeit MARTa. Zur Begründung heißt es offiziell: »Die Zusammenarbeit zwischen Jan Hoet und Dr. Haller funktioniert nicht.«
Dezember 2003: »Wir sind erfreut darüber, dass die Gesamtkosten nicht über 24,42 Millionen Euro steigen sollen«, sagt Christa Jahnke-Horstmann in der Ratssitzung. Zugleich fordert sie ein Konzept, das die Kostenrisiken benennt. Um über die künftige Gestaltung des MARTa-Projektes besser urteilen zu können, soll eine Übersicht mit vergleichbar großen Museen erstellt werden. Gleichzeitig wird bekannt, dass ungedeckte Kosten für eine Ausstellung aus dem Etat für Schulsanierung entnommen worden sind.
Januar 2004: Bürgermeister Thomas Gabriel betont, dass der städtische Anteil an den MARTa-Baukosten bei 7 Millionen Euro liege. Den Rest zahlten andere.
Januar 2004: SPD-Fraktion stellt klar: »Mehr als die 1,5 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss wird es mit der SPD nicht geben.« Das HERFORDER KREISBLATT schreibt: »Experten gehen davon aus, dass etwa zehn Prozent der Investitionssumme eines Museums für dessen Betriebskosten einzusetzen sind.«
Februar 2004: Die 35-jährige Heike Herold wird hauptamtliche Prokuristin bei MARTa. Sie soll wirtschaftliche Abläufe kontrollieren, Sponsoren werben und Veranstaltungen organisieren.
April 2004: Einzug der Möbelverbände. Für Ausstellungen im MARTa werden jährlich Kosten in Höhe von 840 000 Euro veranschlagt, wobei mit Museumsdirektor Jan Hoet bereits fest vereinbart wurde, dass Ankäufe von Kunstobjekten für die MARTa-Sammlung nur durch Mittel getätigt werden, die im Ausstellungsetat eingespart werden oder es sich um Mittel handelt, die Sponsoren zur Verfügung stellen.
Mai 2004: SPD-Bürgermeisterkandidat Bruno Wollbrink sagt in der Ratssitzung: »MARTa muss mit dem zur Verfügung stehenden Geld auskommen. Wenn nicht, heißt es, entweder bei den Einnahmen zulegen oder bei den Ausgaben drosseln. Wir dürfen die von E.ON zugesagten 7,5 Millionen Euro nicht verfrühstücken. Die SPD bekennt sich zu MARTa, aber nicht um jeden Preis.«
Mai 2004: Die FDP fordert: Die Stadt Herford soll sich aus der MARTa-Trägergesellschaft MKK zurückziehen.
Juli 2004: Prokuristin Heike Herold verlässt MARTa. Das HERFORDER KREISBLATT berichtet, dass der für den 7. November avisierte Eröffnungstermin wohl nicht zu halten sein wird.
August 2004: Die für November geplante Eröffnung muss verlegt werden. Das teilt Bürgermeister Thomas Gabriel mit. 700 Einladungen müssen zurückgezogen werden. Roland Kentsch (SPD) spricht von einem »gewaltigen Imageschaden«.
September 2004: Anstieg der Kosten um eine weitere Million auf 25 Millionen Euro. Innenausbau (+700 000 Euro) und Dachlandschaft (+250 000 Euro) hatten sich gegenüber den Planungen verteuert.
Oktober 2004: Der Bund der Steuerzahler kritisiert MARTa als eine Mischung aus »Möbel, Kunst und Größenwahn«.
November 2004: Berndt Kriete übernimmt die MKK-Geschäftsführung. Die Baukosten steigen nochmals um 3,8 Millionen Euro auf 28,8 Millionen Euro. Das HERFORDER KREISBLATT schreibt: »Keiner soll sich wundern, wenn am Ende 30 Millionen Euro verausgabt sind.«
November 2004: Baucontroller Peter Koch erhebt schwere Vorwürfe gegen Star-Architekt Frank Gehry sowie das Architekturbüro »Archimedes«
Februar 2005: Heinz-Günther Scheffer (Liste 2004) fordert einen monatlichen Bericht über die Baukosten-Entwicklung.
Mai 2005: MARTa wird eröffnet. Mehr als 20 000 Besucher strömen am Eröffnungswochenende bei freiem Eintritt durch das Museum.
Juni 2005: MKK-Geschäftsführer Berndt Kriete zieht sich aus der MARTa-Geschäftsführung zurück - nach eigenen Angaben aus privaten Gründen. Der MARTa-Freundeskreis verzeichnet mehr als 400 Mitglieder.
Juli 2005: MARTa begrüßt die 50 000. Besucherin.
Oktober 2005: MARTa begrüßt die 100 000. Besucherin.
November 2005: NRW-Landesregierung tagt im MARTa.
Februar 2006: Die Wirtschaftsberatungsgesellschaft »Wibera« legt nach Prüfung der Bauakten ihren Bericht vor: Demnach hat sich der Bau verteuert, weil Generalplaner, Bauherr und Firmen sich oft uneins waren.
Dezember 2005: Hans-Jörg Gast tritt die Nachfolge von Berndt Kriete an.
Februar 2006: MARTa-Geschäftsführer Gast wünscht einen »Spendensammler«, einen so genannten »fund-raiser«, an seiner Seite.
April 2006: MARTa begrüßt die 150 000 Besucherin.
April 2006: Das HERFORDER KREISBLATT vermeldet, dass die Baukosten für MARTa über 30 Millionen Euro liegen werden. Auch fehlen bei den Betriebskosten für das Jahr 2005 mehr als 500 000 Euro.
Juni 2005: Die MARTa-Abschlussrechnung liegt vor: Demnach kostet der Gehry-Bau 30,1 Millionen Euro, der Anteil, den die Stadt Herford zu tragen hat, beträgt 12,85 Millionen Euro. Von der städtischen Tochter HBG müssen also erneut 1,25 Millionen Euro aufgebracht werden. Bürgermeister Wollbrink bestätigt, dass die laufenden Kosten für das Jahr 2005 um 562 000 Euro überschritten wurden. Für 2006 wird mit einem Mehraufwand in Höhe von 1 Mio. Euro kalkuliert.

Artikel vom 17.06.2006