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Schrecken des
2. Weltkriegs
dokumentiert

Neues Buch in Willebadessen

Willebadessen (tab). »Das Kriegsende 1944/45 in Willebadessen« - so lautet der Titel eines Buches, das Bäckermeister Willi Sasse und Historiker Waldemar Becker jetzt veröffentlicht haben. 45 Zeitzeugen aus der Heimat berichten in der 112 Seiten umfassenden Veröffentlichung von ihren Einzelschicksalen, Erfahrungen und Erlebnissen am Ende des Zweiten Weltkrieges. Zeitungsartikel, Bilder und Dokumente komplettieren den Inhalt des Werkes.

Der Bombenangriff am 29. November 1944 auf Willebadessen, die kampflose Besetzung der Stadt am Ersten Ostertag (1. April 1945) und die schweren Kämpfe in den frühen Morgenstunden des 2. April 1945 sind die zentralen Themen.
Vor 61 Jahren erlebten die damaligen Bewohner der Stadt Willebadessen beim Luftangriff der amerikanischen Soldaten schwere Straßen- und Häuserkämpfe. Zeitzeugin Agatha Böhmer (geborene Schrader) erinnert sich: »Der 29. November 1944 war ein grauer, dunkler Tag, den ich nie vergessen werde. Kurz vor Mittag gab es Fliegeralarm. Zuerst das Dröhnen der feindlichen Flugzeuge, dann die ersten Bombeneinschläge in Richtung Egge. Wir spürten die Gefahr, bekamen große Angst. Dann krachte es mehrmals ganz fürchterlich in nächster Nähe. Unser Haus bebte. Der halbe Stall brach zusammen und begrub zwei Rinder unter den Trümmern. Die Dachpfannen fielen herunter. Es war schrecklich.«
Ein Bild des Grauens bot sich den Bewohnern: Umgeknickte Strommasten, herumliegende Drähte, zerbombte Häuser, zahlreiche Tote, Verwundete und Verletzte. »Durch den aufgewirbelten Staub der Zerstörung war es dunkel und still. Viele Mitbürger hatten ihr gesamtes Hab und Gut verloren und standen vor dem Nichts«, berichtet Agathe Böhmer in ihren Ausführungen weiter. Schutz vor den Anschlägen gab es kaum. Viele Menschen krochen in ihre Keller. Sie konnten nur erahnen, was sich draußen abspielte.
Einige Bewohner fanden Unterschlupf in den beiden Bunkern an der Helle oder brachten sich tagsüber im Schutzstollen am Griesenberg in Sicherheit. »Dort im Stollen war schlechte Luft. Die Zeit bis zum Abend wollte nicht vergehen. Wir hatten große Angst. Es wurde viel gebetet. Das lenkte ab«, beschreibt Therese Arens (geborene Rüsing) die Stunden des Schreckens.
Die älteste noch lebende Zeitzeugin ist Katharina Reifer (geborene Gockel) aus der Kurzen Straße. Die 91-Jährige hatte damals einen Brief an ihre Schwester Agatha geschrieben. Diesen konnte sie aus dem Nachlass der bereits Verstorbenen für die Kriegssammlung zur Verfügung stellen. »Ihre Worte in dem sieben Seiten langen Brief hat sie an mehreren Tagen notiert. Sie hat sich mehrfach hingesetzt, wurde immer wieder von einschlagenden Granaten, herumfahrenden Panzern und Explosionen unterbrochen«, sagte Waldemar Becker.
Der pensionierte Studiendirektor aus Bad Driburg hat bereits 80 Aufsätze zur lokalen und regionalen Kriegsgeschichte in Zeitschriften, Zeitungen und Heften veröffentlicht. Der 79-Jährige ist ein Freund von Willi Sasse und hat den Inhalt des Buches mit Fachliteratur und historischem Hintergrundwissen gefüllt. Das Buch »Kriegsende 1944/45 in Willebadessen« hat eine Erst-Auflage von 220 Exemplaren. Es kann zum Preis von 9,90 Euro in der Bäckerei Sasse erworben werden.

Artikel vom 15.06.2006