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Hartz IV: Landrat will Kreisumlage erhöhen

Keine Hilfe für Paderborn aus Berlin: Jetzt drohen in Paderborner Kommunen höhere Steuern


Von Karl Pickhardt
Kreis Paderborn (WV). Bei der Kostenexplosion »Hartz IV« im Kreis Paderborn mit einem drohenden Defizit von möglicherweise sechs Millionen Euro im Kreishaushalt kann Landrat Manfred Müller kaum auf Schützenhilfe von der Bundesregierung hoffen. Staatssekretär Rudolf Anzinger vom Bundesarbeitsministerium riet bei seinem Besuch in Paderborn Landrat Müller, sich an die Landesregierung zu wenden.
Landrat Manfred Müller droht mit einer Erhöhung der Kreisumlage in 2007, wenn das Defizit wegen steigender Hartz-IV-Kosten weiter wachse und die Bundesregierung zudem noch die Zuschüsse an die Kommunen für Miet- und Heizkosten senke. Derzeit erstattet der Bund den Kommunen 29,1 Prozent der Unterbringungskosten für Hartz-IV-Bezieher. Landrat Müller rechnete dem Staatssekretär vor, dass der Kreis Paderborn ohne Erhöhung der Kreisumlage kein höheres Defizit mehr verkraften könne. Die Rücklagen seien ohnehin schon aufgezehrt.
Eine Erhöhung der Kreisumlage hat möglicherweise auch empfindliche Konsequenzen für die Bürger des Kreises Paderborn, die dann in ihren Städten und Gemeinden mit Steuerhöhungen rechnen müssen. Etliche Kommunen im Paderborner Land haben ebenfalls ihre Rücklagen aufgebraucht. Sie müssten eine Anhebung der Kreisumlage entweder über höhere Schulden oder über eine Anhebung der kommunalen Steuersätze (Grundsteuer A und B sowie Gewerbesteuer) ausgleichen. Die Zeche zahlt der Bürger.
Im Vorfeld des Besuchs von Staatssekretär Anzinger, der in Deutschland im Bundesarbeits- und -sozialministerim für die Hartz-IV-Gesetzgebung zuständig ist, hatte Landrat Manfred Müller Alarm geschlagen: Das Ende der Fahnenstange sei erreicht. Nach zwei Millionen Euro Defizit im Vorjahr rechnet Müller jetzt bis zu sechs Millionen Miese im Kreishaushalt, weil die Hartz-IV-Kosten enorm stiegen. Staatssekretär Anzinger will jedoch nicht in die kommunalen Finanzen eingreifen. Das verstoße gegen das Grundgesetz. Das Land sei dafür zuständig.
Landrat Müller hielt Anzinger vor, dass die Großstädte die Gewinner, die Landkreise wie Padeborn die Verlierer der Arbeitsmarktreformen seien. Anzinger räumte in Paderborn ein, dass es immer Gewinner und Verlierer gebe.
Derzeit erhalten im Kreis Paderborn 12 960 so genannte Bedarfsgemeinschaften Leistungen aus den Hartz-IV-Gesetzen. Damit wären für mehr als 25000 Menschen Zuschüsse zu leisten. Jeden Monat kommen 140 Haushalte hinzu, klagt der Landrat. In den vergangenen Monaten hätten allein 400 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren eine Bedarfsgemeinschaft angemeldet. Viele von ihnen haben Mietverträge mit ihren Eltern abgeschlossen und beziehen so Hartz-IV-Gelder und Zuschüsse zu den Unterbringungskosten. Dieser Personenkreis fällt mit reformierten Gesetzen jedoch zum 1. August aus der Gruppe der Leistungsbezieher, hofft Landrat Müller auf Entlastung.

Artikel vom 14.06.2006