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Bei Zechgelage
brutal verprügelt

Täter kommt mit Bewährung davon

Herford/Enger (cl). Beim Schöffenprozess gegen den 25-jährigen Russlanddeutschen Robert E. (Namen geändert) kam wenig Freude über die »Zuwanderungsgewinne« aus der ehemaligen UdSSR auf. Angeklagte und Zeugen aus dem Wohnheim an der Spenger Straße in Enger sind alle deutsche Staatsbürger, brauchten aber ausnahmslos die Hilfe der Gerichtsdolmetscherin.

Sie leben dauerhaft von Hartz IV, einige schafften es nicht einmal, nüchtern zur Gerichtsverhandlung zu kommen. Einer erklärte dies auf Nachfrage: »Ich musste heute früh zwei Flaschen Bier trinken, weil ich die Justiz nicht mag.« Dabei war der Mann diesmal ausnahmsweise Zeuge.
Er war in der Nacht zum 7. Dezember 2005 Opfer einer schweren Körperverletzung geworden, zu der es unter viel Alkoholeinfluss in dem Übergangswohnheim gekommen war. In einem Zimmer und dem Waschraum fand die Polizei unübersehbare Blutspuren, obwohl der Gastgeber der Party »alles weggewischt« hatte, bevor er noch einmal die Flasche ansetzte und sich wieder schlafen legte.
Das Opfer verließ das Heim und wurde einen Kilometer weiter bewusstlos aufgefunden. Mit lebensgefährlichen Verletzungen wurde er auf die Intensivstation des Bünder Lukas-Krankenhauses eingeliefert. Als die Polizisten ihn Tage später vernahmen, gab er an, auf der Straße von drei Unbekannten malträtiert worden zu sein. Begründung: »Ich will nicht, dass die Justiz den Fall aufarbeitet, so etwas nehme ich selbst in die Hand.«
Staatsanwalt Oliver Brendel, der offen ließ, ob er Berufung einlegen wird, hatte für den Täter dreieinhalb Jahre Gefängnis gefordert, Direktor Bernd Kahre und die Schöffinnen setzten sechs Monate mit Bewährung fest, hinzu kommen 180 Arbeitsstunden.

Artikel vom 13.06.2006