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Die Mittelalter-Experten
waren »super« zufrieden

Mehr als 1000 Besucher beim Fest auf der Ravensburg

Borgholzhausen (SKü). »Das war für unsere Gruppe die mit Abstand schönste Veranstaltung. Der Rahmen und das große Interesse der Besucher an unserer Arbeit ist super.« Dr. Werner Best, Archäologe und Sprecher der Mittelalter-Darstellergruppe »Experimentum«, lobte das zweite Burgfest gestern auf der Ravensburg in den höchsten Tönen. Seine Mitstreiter bescherten den wohl mehr als 1000 Besuchern einen sehr interessanten und sehr fundierten Blick in das Mittelalter, das oft zu Unrecht als das »finstere Zeitalter« bezeichnet wird.

Wolfhart Kansteiner, Geschäftsführer der Stiftung für die Burg Ravensberg, war über die Resonanz hoch erfreut. Den ganzen Tag über nahmen Besucher, darunter sehr viele Familien mit Kindern, einen Anstieg auf die Burg in Kauf. Und in dieser beinahe 1000 Jahre alten Ruine, deren Rettung für die Nachwelt erst das große Spendenengament in der breiten Bevölkerung ermöglicht hat, erlebten sie einige außergewöhnliche Stunden. Es wurde aber kein Spektakel, wie man es vielleicht von anderen Mittelalterfesten kennt. Stattdessen vermittelten die Mitglieder der Gruppe »Experimentum« aus Münster wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über das Zeitalter, das grob gefasst vom 5. Jahrhundert bis etwa 1500 reichte.
Die Mitglieder der Gruppe »Experimentum«, zum großen Teil Archäologen, hatten Freude daran, bei den Besuchern mit manchem Klischee gründlich aufzuräumen. Fasziniert wurde beispielsweise Nobert Reuther zugehört, der die Kriegs- und Waffenkunst im Mittelalter erläuterte. Hier berief er sich auf Schriftfunde, Ausgrabungen und experimentelle Archäologie, was nichts anderes als Ausprobieren beispielsweise einer Kampftaktik ist
So betonte der Wissenschaftler, dass im Mittelalter nur in den seltensten Fällen die Schwerter gekreuzt wurden, also regelrecht gefochten wurde. »Ein Schwert war eine Anschaffung fürs Leben. Das wäre beim direkten Klingenduell leicht zerbrochen.« Stattdessen war der Kampf mit Schild und Lanze viel verbreiteter. Reuther und Kollegen führten auch die alte Schmiedekunst vor.
Dr. Werner Best stellte einen Pilger dar, der den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostella zu Fuß zurück gelegt hatte. »Pilgerfahrten waren sehr verbreitet. Man konnte dazu aber auch verurteilt werden. Und mancher durfte nicht sein Erbe antreten, ohne vorher oft über ein Jahr eine Pilgerfahrt absolviert zu haben«, informierte der Archäologe.
Andere Gruppenmitglieder stellten mittelalterliche Musik vor, und zwar authentische (»Nicht dieser Mittelalter-Rock wie auf anderen Burgfesten«). So waren Pilgerlieder und Minnegesänge zu hören, die nach ein wenig Einhören ihre ganze Schönheit entfalten können. Auch die Produktion von Tüchern und Textilien anhand eines einfachen Gewichtwebstuhls aus dem 9. Jahrhundert wurde demonstriert. Schließlich zeigte eine Archäologin und Goldschmiedin, wie entwickelt Feinschmiedekunst vor 1000 Jahren war.
Schließlich war auch noch das Forstamt Minden mit Andreas Roefs beim Burgfest vertreten, der im neuen »Ravensberger Klassenzimmer« einen kleinen Vorgeschmack auf das künftige Angebot mit »Kopf, Herz und Hand« gab. Unter einem Mikroskop wurde die Faszination des Waldes erkundet.

Artikel vom 12.06.2006