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Fast wäre das Gestüt
ein Kloster geworden

Schnatgang des Heimatvereins Spexard

Gütersloh-Spexard (WB). Der Schnatgang ist in westfälischen Bauernschaften ein alter, wiederbelebter Brauch. Der plattdeutsche Ausdruck Schnat bedeutet Grenze. Der Heimatverein Spexard setzte die Tradition dieser Gänge jetzt fort und erkundete die Grenze zu Varensell, Lintel, Kattenstroth und Sundern.

Früher dienten Waldschneisen, Bäche, Hecken oder Gräben als Grenzmarkierung. Der größte Teil der Spexarder Gemeindegrenzen, die im 16 Jahrhundert endgültig festgelegt wurden und bis 1970 bestand hatten oder heute noch Grenze der Stadt Gütersloh sind, besteht noch aus natürlichen Markierungen.
Bei seinem vierten Schnatgang startete der Spexarder Heimatverein an der Mühle Meierfrankenfeld am Plümers Weg. Teilweise ging es durch unwegsames Gelände direkt am Ölbach entlang. Dass der Ölbach nach dem ersten Weltkrieg begradigt wurde und in früheren Zeiten oft ausgetrocknete, war vielen nicht bekannt. Das Dreiländereck zwischen Spexard, Lintel und Varensell begutachteten die Teilnehmer, und auch am 1907 entstandenen Gestüt Ravensberg ging es vorbei. Dort war früher Heide- und Moorlandschaft, die zum Beginn des 20. Jahrhunderts kultiviert wurde. Fast hätte der Benediktiner-Orden dem Gestütsgründer August Niemöller einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn wo heute das Gestüt am wohl schönsten Fleck Spexards steht, sollte ein Kloster gebaut werden. Der Gütersloher Pastor von St. Pankratius wehrte sich, und die Nonnen bauten ihr neues Domizil in Rietberg-Varensell auf.
Das nächste Ziel war die Grenze zu Kattenstroth Vorbei an der Neubausiedlung »Am Brock« und am zwischen 1981 und 1986 erbauten Elisabeth-Hospital, das auf dem Gelände des ehemaligen Spexarder Erbkötters Holtkamp entstand, wurde die Grenze zu Sundern erreicht. Diese Grenze war bis 1815 sogar Staatsgrenze. Sundern gehörte zur Herrschaft des Grafen von Rheda und Spexard im Amt Reckenberg zum Gebiet des Fürstbischof von Osnabrück. Nach der Reformation gab es oft Streitigkeiten der ländlichen Bevölkerung und an der Grenze zu Sundern wurde nicht zuletzt wegen der unsicheren Lage 1568 die Wöstvogtei (Amtsverwaltung) errichtet. Gütersloh war bereits seit 1540 dem lutherischen Glauben beigetreten.
Auf den letzten Metern des Grenzgangs ging es weiter durch die Vossheide zur Lukasstraße. Dort geht die alte, seit 1970 nicht mehr relevanten Grenze teilweise durch Häuser und Vorgärten. Wie auch beim amtierenden Spexarder Schützenkönigspaar Hubert und Maria Kötter, wo die Grenze direkt durch die Küche verläuft. Am Tisch sitzt der König beim Essen in Sundern und die Königin in Spexard.

Artikel vom 10.06.2006