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Traumata: zu
wenig Hilfen

Treffen des SkF-Pflegekinderdienstes

Kreis Höxter (WB). Beim fünften Kooperationstreffen des Pflegekinderdienstes des Sozialdienstes der Katholischen Frauen und der Adoptionsvermittlung des Kreises Höxter wurde durch die Traumafachberaterin Rita Köllner aus Delbrück verdeutlicht, welche langfristigen Folgen Traumatisierungen bei Kindern haben.

»Was Kindern widerfahren kann« lautete das Motto der Veranstaltung, und die Referentin führte über den geschichtlichen Hintergrund der Forschung und neueste hirnorganische Erkenntnisse in die Traumatologie ein, um anschließend schwerpunktmäßig auf die besondere Problematik von Adoptiv- und Pflegekindern einzugehen.
Es wird zwischen »Schocktrauma« und »Entwicklungstrauma« unterschieden. Das Schocktrauma entsteht durch äußere Gegebenheiten wie zum Beispiel Krieg, Naturkatastrophen, Unfälle, Verlust von Bezugspersonen. Adoptiv- und Pflegekinder leiden jedoch häufig unter Entwicklungstraumata bedingt durch Vernachlässigung, Misshandlung, häusliche Gewalt oder sexuellen Missbrauch. Diese Traumatisierungen durch nahestehende Bezugspersonen haben sehr schwerwiegende Folgen.
Psychiatrische Diagnostik und Therapie setzen sich laut Rita Köllner zunehmend mit diesem Bedarf auseinander. Für Pflege- und Adoptiveltern stünden jedoch konkrete Fragen im Vordergrund: Wie gestaltet sich ihr Handeln angesichts der Problematik ihrer Kinder bei der täglichen Erziehung? Wie begegne ich meinem traumatisierten Kind? Was ist, wenn therapeutische Hilfen nicht oder noch nicht in Anspruch genommen werden können?
Rita Köllner setzte auf gezieltes pädagogisches Handeln, um einem seelisch verletzten Kind die Möglichkeit zu geben, ein sozial integriertes Gesellschaftsmitglied zu werden. Ihr Ansatz ist, die vorhandenen Möglichkeiten des Kindes zu erkennen, die traumatische Dynamik zu verstehen, um dem Kind Stabilisierungshilfen zur Entwicklung seiner Persönlichkeit und Stärkung des Ichs zu geben. Ein stabiles Bezugssystem helfe entscheidend dabei, traumatisierende Erlebnisse zu bewältigen.
Als verfehlt sah es die Referentin, dass mit traumatisierten Kindern häufig verhaltenstherapeutisch oder psychoanalytisch gearbeitet werde. Beide Therapieformen seien in der Behandlung kontraproduktiv. Spezialisierte Angebote für traumatisierte Kinder seien nach ihren Erfahrungen nicht ausreichend vorhanden.
Über die Aufnahme eines Pflegekindes informiert der Sozialdienst katholischer Frauen in Brakel, Hildegard Blass und Huberta Nolte, % 05272/ 355203, sowie Gertrud Flore in Warburg, % 05641/ 60266. Wer ein Adoptivkind aufnehmen möchte, kann sich an den Kreis Höxter, Adoptionsvermittlung, Annette Krawinkel-Zlatkov, % 05271/ 965-3310, und Eva Temme-Schröder, % 05271/ 965-3314, wenden.

Artikel vom 08.06.2006