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Seelsorger hat
viel Leid erlebt

Pater Thomas verlässt Kreis Höxter

Von Ingo Schmitz
Kreis Höxter (WB). Bei Unfällen, Feuer, plötzlichen Todesfällen oder auch Suizidversuchen sind die Notfallseelsorger im Kreis Höxter stets zur Stelle. Sie stehen Betroffenen, Angehörigen und den Einsatzkräften bei. Koordinator ist Pater Thomas Wunram. Doch der 43-Jährige hat gestern seinen Funkmeldeempfänger in der Feuerwehr-Leitstelle Brakel abgegeben.

»Ich übernehme eine neue Aufgabe«, begründet Pater Thomas gegenüber Heinrich Muhr, dem Leiter der Leitstelle, diesen Schritt. Von September an koordiniert Wunram in Salzburg die ordenseigene Ausbildung der »Missionare vom Kostbaren Blut«.
Der Geistliche beruhigt: »Die Arbeit der ehrenamtlichen Notfallseelsorger geht im Kreis Höxter auch ohne mich weiter wie bisher. Es wird nur einen neuen Koordinator geben.« Seit 1990 ist Pater Thomas im Kreis Höxter tätig. Zunächst war er in Neuenheerse Internatserzieher, -leiter und -lehrer und fungierte sieben Jahre lang als Pastor.
»Nach dem Zugunglück von Eschede hat man die Bedeutung der Notfallseelsorger erkannt und sich dazu entschlossen, ein solches Projekt auch im Kreis Höxter zu realisieren. Inzwischen sind wir ein Team von zehn ehrenamtlichen Notfallseelsorgern, die in Bereitschaft sind«, sagt der Geistliche.
Alle Mitarbeiter haben sich ausbilden lassen und weiter qualifiziert. Die wichtigste Übung sei aber die Praxis. Daher müssen die derzeit fünf »Auszubildenden« vor ihrem ersten »eigenen« Einsatz einige Male einen erfahrenen Notfallseelsorger begleiten.
Die Einsatzgebiete sind vielschichtig. »Häufig sind wir im häuslichen Umfeld gefragt, zum Beispiel dann, wenn der Notarzt den Tod eines Angehörigen feststellt. Während der Notarzt zum nächsten Einsatz muss, bleiben wir bei den Angehörigen und helfen ihnen dabei, den Tod zu begreifen und Abschied von dem Verstorbenen zu nehmen.«
Ein weiteres Einsatzgebiet sind Verkehrsunfälle mit Todesfolge. »Wir begleiten Polizisten, wenn diese den Angehörigen die Nachricht überbringen müssen. Wir kümmern uns um die Hinterbliebenen und versuchen Antworten zu geben auf die Frage: ÝWie soll es weiter gehen?Ü Ein weiteres Feld sind Suizidversuche. Diese Situationen sind besonders kniffelig. Man ist dankbar, wenn man es schafft, dass ein Mensch nicht in den Tod springt.«
Ebenfalls betreut werden durch die Seelsorger die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, die mitunter Schwierigkeiten haben, das Erlebte zu verarbeiten. »Die Erinnerungen kommen erst in der Ruhephase hoch«, weiß Wunram. Die Nachbesprechungen finden zumeist in der Gruppe statt. »Sprechen ist das Gesündeste«, stellt er fest.
Leitstellenleiter Heinrich Muhr bedauert den Fortgang des Seelsorgers sehr: »Wir waren stets im engen Kontakt. Ich habe die Arbeit mit ihm sehr geschätzt.«

Artikel vom 09.06.2006