Bielefeld/Bünde (cl). Eigentlich sollten gestern vor der IX. Großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts Bielefeld im Prozess gegen den 70-jährigen Dr. Klaus L. Plädoyers und Urteilsverkündigung die Tagesordnung beherrschen. Er hatte mit einer Gruppe von zuletzt sechs Firmen um das vor über 60 Jahren von seinem Schwiegervater Wilhelm Krömker gegründete Unternehmen Ende 2001 Insolvenz anmelden müssen. Der Konkursverwalter hatte den Gesamtschaden auf 30 Millionen Mark beziffert. Doch zunächst musste die Kammer sich mit mehreren Beweisanträgen von Verteidiger Dr. Wilhelm Krekeler befassen. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld, vertreten durch Oberstaatsanwalt Heinrich Rempe und Wirtschaftsreferent Rudolf Repohl, beantragte, einige Anklagepunkte im Hinblick auf die verbliebenen Hauptvorwürfe einzustellen. Dr. Klaus L. war Geschäftsführer der Firma, die ältester und größter Vertragspartner der Shell war, und Treibstoffe, Heizöl und Schmierstoffe bezog und vertrieb. Ende der 90-er Jahre stiegen auch die beiden Söhne in das Firmengeflecht ein, das gleichzeitig durch Übernahme und Integration mehrerer Konkurrenzunternehmen und den Neubau des Autohofes an der BAB 30, der Mitte 1999 eröffnet wurde, eine enorme Ausweitung erfuhr. Möglicherweise liegt in dem rasanten Tempo eine Ursache für den Firmencrash. Der Vorsitzende Richter Reinhold Hülsmann hatte die undankbare Aufgabe, die Jahresabschlussrechnung 1998 mit allen Aktiva und Passiva zu verlesen, ebenso Grundbuchauszüge aus Bünde, Bad Oeynhausen, Bansin (Usedom) und Garmisch-Partenkirchen. Weiter wurden die Schreiben mehrerer Banken bekanntgemacht, die dringend dazu aufforderten, die teilweise um über 100 Prozentb überzogenen Kreditlinien wieder zurückzuführen. Auch ein Rundschreiben an die Kunden, das eine blühende Entwicklung propagierte, wurde durch die tatsächlichen Entwicklung überholt.
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