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Mühlis wollen Favoriten ärgern

Der im vergangenen Jahr erreichte Rang vier soll mindestens bestätigt werden

Stemwede(tz). Außenseiter? Kanonenfutter? Favoritenkiller? Eins ist sicher: Die Mühlenkreisauswahl hat nichts zu verlieren. Gar nichts. Werden die Mühlis im traditionell hochklassig besetzten Feld beim Stemweder Pfingstturnier Letzter, ist es das Normalste der Welt.

Eine prima Ausgangsposition, um Geschichte zu schreibenÉ Nicht nur einmal mussten schon große Namen und noch größere Favoriten erfahren, wie es ist, wenn man zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort ist - und auf die Mühlis trifftÉ Zweimal Platz drei, zuletzt 2005 Platz vier - dieser Außenseiter hat bei seinem jährlichen Heimspiel-Höhepunkt durchaus Hitpotenzial. Auch 2006?
Trainer Ernie Joerend will aus der Not eine Tugend machen und trotz diesmal ungünstiger Rahmenbedingungen das überraschende Vorjahresresultat mindestens bestätigen, wenn nicht sogar verbessern.
Ungünstige Rahmenbedingungen? Der Trainingsstart war eigentlich schon für Oktober 2005 geplant, um kontinuierlich und gezielt über ein halbes Jahr eine starke Auswahl aufzubauen. »Dann kam aber das Wetter dazwischen und auf Grund der schlechten Plätze konntest Du ja gar nichts machen«, blickt der Holzhausener zurück. »Für uns war das schon ein wenig traurig.« Über nicht ausreichende Hallenzeiten erst gar nicht zu reden - abgesehen davon, dass das kein annähernd gleichwertiger Ersatz für die Einheiten draußen gewesen wäre.
So startete die Vorbereitung erst im Januar - und dann sehr eingeschränkt. Immerhin reichte es noch zu zwei Testspielen gegen Gehlenbeck (1:3) und TuRa Espelkamp (3:3), die Mindener Abteilung verlor parallel dazu gegen Maaslingen mit 3:7. Mehr Minusergebnisse als Pluserlebnisse. Minus mal minus ergibt Plus?
Im April schließlich schlossen sich die Teamteile aus Minden, erneut von Bernd Rust trainiert, und Lübbecke zusammen - und gewannen das erste Testmatch gegen den TuS Petershagen-Ovenstädt mit 3:1. Auch im Test gegen die Bundesliga-A-Junioren von Hannover 96 konnten die Mühlis überzeugen, führten lange 1:0. Am Ende stand zwar eine 1:4-Niederlage - »aber es war ein sehr gutes Spiel. Und beim Turnier spielen wir nur 50 Minuten - dann hätten wir 1:0 gewonnenÉ«, zog Joerend die positiven Aspekte aus dem Kräftemessen mit dem großen Namen.
A propos Namen: Einige, die man in der Auswahl vermutet hätte, fehlten schnell, andere waren dabei - und schafften es dann doch nicht in die endgültige Formation. Die Gründe? Vielfältig. Die etatmäßige Nummer eins beispielsweise, Keeper Marc Holtkamp vom Landesligisten Dützen, hat am Dienstag seine Ausrüstung abgegeben - er wurde vom Verein wegen eines wichtigen Spiels gegen den Abstieg über Pfingsten nicht freigegeben. Damit ist er schon jetzt der Pechvogel des Jahres: 2004 hatte er das Turnier wegen eines Vereinswechsels verpasst, 2005 fiel er verletzt aus - und jetzt muss er auch bei seiner letzten Chance passen
Des einen Leid, des anderen Freud: Neue Nummer eins ist damit Christian Lömker vom TuS Gehlenbeck.
Komplett verweigert hat sich diesmal der SV Kutenhausen/Todtenhausen, der keinen Spieler zu den Mühlis lassen wollte. Dazu kamen Verletzungen und prüfungsbedingte Ausfälle. So rekrutieren sich die 20 Auswahlkicker diesmal aus sechs Vereinen - mit 12:8 gibt es, anders als in ausgewogenen Jahren zuvor, ein Übergewicht der Mindener Fraktion. »Es geht nicht darum, wer wo in welchen Klassen spielt. Es geht darum, möglichst schnell eine Einheit zu finden - und die Jungs haben unseren Erfolg vom vergangenen Jahr im Hinterkopf und wollen das natürlich auch schaffen.«
Ob das mit dem Jahrgang 2006 wieder möglich ist? »Im Großen und Ganzen war die Auswahl nicht so groß. Es ist nicht ganz so wie im letzten Jahr - und wegen der fehlenden Zeit konnten wir diesmal ja auch nicht so sichten wie im vergangenen Jahr«, redet Ernie Joerend in gewohnter Manier gar nicht lange »drumrum«. Was nicht heißt, dass er nicht an seine Jungs glauben würde. »Das Team ist schon stark. Und dass Minden den Großteil stellt, ist nicht schlimm. Hauptsache, wir kommen als Team zusammen.« Im Jahr vor dem 30. Turnier scheint es dennoch nach dem starken Jahr zuletzt ein Übergangsjahr werden zu können - viele Spieler des »Teams 2006« gehören noch dem jüngeren Jahrgang an und können so wichtige Erfahrungen für eine eventuelle Teilnahme 2007 sammeln.
Ein anderer Rückschlag schockte das Team im Vorfeld des Turniers auch noch: Betreuer Wolfgang Engelage, die gute Seele der Truppe, erlitt vor zwei Wochen einen Herzinfarkt und fiel daher weitgehend aus. Jetzt will das Team natürlich nicht nur für sich, die Ehre und das Turnier spielen - sondern auch für den beliebten Helfer an der Linie.
Die Gruppenauslosung hat es, zumindest beim nun ausgespielten Dreier-Gruppen-System, nicht gerade gut mit den Lokalmaradoren gemeint. Titelverteidiger Hertha BSC Berlin und der Vorjahresdritte Dynamo Moskau in der Vorrunde - das ist eine Ansage. Und beide Gegner kennen die Mühlis schon aus dem Vorjahr - was vor allem im Fall Berlin nicht gerade ein Vorteil sein dürfte. 2005 nämlich brachte ausgerechnet die Joerend/Rust-Truppe dem späteren Sieger die einzige Turnierniederlage bei. »Hertha ist ein ganz dicker Brocken. Ich glaube nicht, dass deren Trainer Dirk Schlegel das vergessen hat. Dieses Jahr werden sie uns nicht unterschätzen«, befürchtet Ernie Joerend eine revanchelustige Hauptstadttruppe.
Also eine schlechte Auslosung für die Mühlis? »Eine schlechte? Ja - für Hertha«, grinst Ernie - David will Goliath erneut ärgern. Wie das gelingen soll? Joerend setzt auf Beistand von ganz oben. In der Abwehr und im Mittelfeld sind wir schon sehr gut besetzt - und vorne hilft der liebe GottÉ« Himmlische Aussichten.
Der Kader der Mühlis: Christian Gieselmann, Vitali Philippi, Michael Wessel (Preußen Espelkamp), Torben Riechmann, Marco Radtke (VfB Fabbenstedt), Christian Lömker, Patrick Hölscher, Henning von der Ahe (TuS Gehlenbeck), Patrik Werner, Marcus Seip, Christian Bartels, Tobias Möhlmann, Frank Dahlenkamp, Anton Schulde, Peter Giesbrecht, Christian Kulynycz, Thomas Wittek (Union Minden), Tobias Versick (RW Maaslingen), Burah Yagiz, Peter Theiss (RW Rehme). Trainer: Ernie Joerend, Bernd Rust

Artikel vom 02.06.2006