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Sorgen wegen
Gerichtsprozess

Doch neues Windrad in Drohne?

Von Dieter Wehbrink
Levern/Drohne (WB). Besorgt zeigt sich Stemwedes Bürgermeister Ekkehardt Stauss über die aktuelle Entwicklung im »Windkraft-Prozess«, den ein Investor aus Hüllhorst gegen den Kreis Minden-Lübbecke vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster führt.

Der Investor möchte in Drohne im Bereich Tiefenriede ein Windrad errichten. Der Kreis hatte dieses Vorhaben als Baugenehmigungsbehörde abgelehnt, weil der Stemweder Flächennutzungsplan dort kein Vorranggebiet für Windkraft vorsieht. Die Gemeinde hat stattdessen einen Windpark in Oppendorf ausgewiesen - und der ist mit zwölf Anlagen bereits gefüllt. Ein zweites Vorranggebiet, etwa in Drohne, lehnt Stemwede entschieden ab.
Weil der Hüllhorster in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht in Minden unterlag, klagt er in Münster. Dort könnte sich jetzt - so berichtete der Bürgermeister während der Versammlung der CDU Levern - das Blatt zum Nachteil des Kreises und der Gemeinde wenden. »Es gab in Drohne einen Ortstermin mit dem zuständigen Berichterstatter des Gerichts.«, erzählte der Bürgermeister. Der Mann habe die Ansicht vertreten, dass die Landschaft in Drohne »keineswegs zersiedelt« sei. Es gebe »immerhin Abstände bis zur nächsten Bebauung von bis zu 700 Metern«.
»Es kann sein, dass der Richter in der Verhandlung die Meinung vertritt, dass die Gemeinde Stemwede zwar mit der Ausweisung des Oppendorfer Windparks ihre Hausaufgaben gemacht hat - allerdings nicht gut genug«, befürchtet Stauss. »Schlimmstenfalls könnte der Oppendorfer Flächennutzungsplan für ungültig erklärt werden. »Der Münsteraner Berichterstatter empfahl uns sogar schon, Gespräche mit dem Hüllhorster Investor aufzunehmen«.
Jetzt wäre die Gemeinde gewissermaßen in der Bedrouille, denn vor Gericht und hoher See sei man schließlich »allein in Gottes Hand«. Doch Ekkehardt Stauss möchte nicht zurückweichen: »Ich werde unserem Bau-, Planungs- und Umweltausschuss empfehlen, auf ein Urteil zu drängen, denn wir haben unsere Hausaufgaben gut erledigt. Vor zehn Jahren waren wir die erste Gemeinde weit und breit, die ein Vorranggebiet ausweisen musste, weil es in unserer Gemeinde einen Investor gab. Wir haben eigens ein Ingenieurbüro eingeschaltet, um das richtige Gebiet zu finden. Außerdem gab es damals noch keinen Windkraft-Erlass des Landes NRW, der uns Richtlinien an die Hand gab. Außerdem setzt der Bürgermeister auf den Kreis Minden-Lübbecke: In Minden habe man die Ansicht vertreten, dass das Drohner Landschaftsschutzgebiet einmalig sei und dort keine weitere Windkraftanlage entstehen dürfe.
Stauss ärgerte sich besonders über die Äußerung des Gerichtsberichtserstatters, dass das Drohner Gebiet ja bereits mit den benachbarten sechs Windrädern auf Bohmter Gebiet »vorberlastet« sei. Vor zehn Jahren, so Stauss, sei in Bohmte noch gar nicht die Rede von Windrändern entlang der Stemweder Grenze gewesen. »In Bohmte stehen sechs Anlagen, in Brockum zehn und in Bad Essen vier. Ringsum wurde unsere Nachbarschaft nachträglich mit Windrädern zugepflastert. Ist dies etwa ein Grund, dass auch wir noch weitere Windturbinen aufstellen müssen?«
Vorsorglich will der Stemweder Rat in der nächsten Sitzung sicher stellen, dass die Gemeinde - im Fall einer Niederlage in Münster - nicht sofort mit Investoren-Anträgen überflutet wird. Ohne gültiges Vorranggebiet dürften überall im Gemeindegebiet Windräder entstehen, denn die Anlagen sind nach dem Gesetz privilegiert. »Wir beantragen beim Kreis, dass solche Anträge zurückgestellt werden, bis es einen neuen Flächenutzungsplan gibt - ähnlich einer Veränderungssperre«, betonte Stauss.

Artikel vom 02.06.2006