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»Venuswurf« wieder ein großer Wurf

Tanja Kinkel liest in der Gemeindebücherei aus ihrem neuesten Buch - Exakte Recherchen

Von Mathis Vogel
Hiddenhausen (HK). Wer von brillant recherchierten und spannend erzählten historischen Romanen spricht, kommt an ihrem Namen nicht vorbei. Werke wie »Götterdämmerung«, »Die Puppenspieler« oder »Venuswurf« sind aus den Bestsellerlisten der großen Magazine nicht mehr wegzudenken.

Letzteres ist das neuste Werk von Tanja Kinkel, aus dem sie am Dienstag in der Gemeindebücherei in Lippinghausen las. Der Roman spielt um 7 nach Christus im frühkaiserlichen Rom und erzählt die Geschichte der Zwergin und Sklavin Andromeda. Als eines der rechtlosesten Geschöpfe dieser Zeit vermittelt diese Hauptfigur dem Leser einen Eindruck des damaligen Roms von sprichwörtlich ganz unten. Markantes Merkmal von Kinkels Erzählweise sind die außerordentlich präzise recherchierten historischen Fakten. Sei es die detaillierte Beschreibung der Zubereitung eines zeitgenössischen Mahls oder das vereinzelte, äußerst logisch dargelegte Auftreten von historischen Persönlichkeiten. So findet sich die Hauptfigur Andromeda, die als Sklavin einer Gauklergruppe angehört, bei einem Fest im Hause des Ovid wieder.
Tanja Kinkel berichtete, dass sie durch die Lektüre einer Übersetzung und Nachdichtung von Ovids »Metamorphosen« von Ted Hughes auf das Thema der ungeklärten Verschleppung des Dichters Ovid gekommen war. Sie beschloss darauf, einen Detektivroman zu schreiben, den es, wie sie später heraus fand, in ähnlicher Form schon gab. Durch einen Querverweis in einer Schrift von Plinius stieß sie auf »die kleinsten Menschen ihrer Zeit, Conopas und Andromeda« - und die Idee zu »Venuswurf« war geboren.
Von der späteren Recherchenarbeit und der Zeit des Schreibens erzählte sie ihren Zuhörern nach der Lesung noch ausführlicher und beantwortete Fragen. Knapp zwei Jahre brauche sie für einen Roman, wobei sie anderthalb Jahre für die Recherche verwende, berichtete die Autorin, die sich neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin mit ihrem Verein »Brot und Bücher e.V.« um die Errichtung von Schulen in Teilen der Dritten Welt kümmert. In der Schreibphase sei sie unausstehlich und ungesellig, gab Tanja Kinkel zu: »Dann stelle ich den Anrufbeantworter an und schicke auch den nettesten Besuch nach Hause.« In diesen Phasen schreibe sie 13 Stunden täglich. Nach der Fertigstellung eines Romans sei sie auch körperlich ausgelaugt und gönne sich eine Auszeit. Dass sich der Aufwand für Bücher wie »Venuswurf« lohnt, konnte die Autorin aber noch hautnah miterleben. So manch ein Gast hatte etliche von Tanja Kinkels Büchern mitgebracht um sie von der Autorin mit einer persönlichen Widmung versehen zu lassen. Geduldig und mit Freude erledigte sie auch diese Arbeit herzlich und professionell.

Artikel vom 01.06.2006