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»Warnsystem«
muss greifen

Experten-Debatte über Kindeswohl

Kreis Herford (HK). Berichte über Kindermisshandlungen haben die Öffentlichkeit wachgerüttelt. »Aber es geht um mehr, wir brauchen ein soziales Frühwarnsystem um zu erkennen, wann das Kindeswohl gefährdet ist, wir brauchen Hilfen für junge Mütter in problematischen Lebensverhältnissen, um eine möglichst gesunde Entwicklung bei Mutter und Kind zu fördern«, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Spanier.

Im Kreis Herford sei man ein ganzes Stück vorangekommen, doch das soziale Frühwarnsystem sollten weiter ausgebaut werden. Mit diesen Worten fasste der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Spanier das Fachgespräch »Auf den Anfang kommt es an - Gesundes Aufwachsen von Kindern« zusammen. Etwa dreißig Fachleute waren der Einladung Spaniers und des SPD-Kreisvorsitzenden Stefan Schwartze zur Diskussion gefolgt.
Vorbildlich ist das Projekt »Steps«, das Hilfen für junge Familien mit besonderen Belastungen bietet. Doris Hellweg vom Jugendamt stellte das Projekt vor. Entscheidend sei, dass die Jugendämter des Kreises und der Städte Herford und Löhne mit ortsansässigen Kinderärzten, Frauenärzten und Hebammen, AWO, Kinderschutzbund, InVia, Diakonisches Werk und Sozialdienst Katholischer Frauen aber auch mit Kindertagesstätten eng zusammen arbeiten. Denn: »Diese Vernetzung ist das Entscheidende, um frühe Hilfen für junge Familien mit besonderen Belastungen wirksam zu leisten.«
Der Herforder Kinderarzt Dr. Christof Klinkert stellte die freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen dar, die wichtig sind, um rechtzeitig eine Gefährdung des Kinderwohls zu erkennen und Hilfen einzuleiten. »Hier gibt es teilweise zu lange Fristen zwischen den Untersuchungen und es ist nicht gewährleistet, dass tatsächlich alle Kinder erreicht werden«, stellte der Kinderarzt fest. Dennoch hält er wenig davon, dass der Gesetzgeber die Vorsorgeuntersuchungen für die Eltern verpflichtend macht. »Stattdessen sollte über eine Kindergartenpflicht nachgedacht werden, da vor allem durch die Beobachtungen der Erzieherinnen und Erzieher frühzeitig Fehlentwicklungen erkannt werden können und Hilfe gegeben werden kann.«
Nicht nur beim Projekt »Steps«, sondern insgesamt ist im Kreis die Zusammenarbeit zwischen den Behörden aber auch mit den Kinderärzten gut entwickelt. Dietmar Fleer vom Jugendamt betonte: »Diese Vernetzung funktioniert im Unterschied zu vielen anderen Regionen im Kreis Herford gut. Natürlich kann die Vernetzung noch weiterentwickelt werden. In der Stadt Bünde ist zusammen mit dem Kinderschutzbund ein ähnliches Projekt wie ÝStepsÜ geplant.«
Interessant im Verlauf der Debatte der Vorschlag, Leistungen wie zum Beispiel das Kindergeld an die Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen zu binden. Sehr kritisch wurden die geplanten Familienzentren gesehen. »Die Idee ist gut, junge Familien bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen. Aber es gibt keinen Cent zusätzliches Geld, um die zusätzlichen Leistungen zu finanzieren. Wenn am Ende nur ein öffentlichkeitswirksames Etikett auf bestehende Einrichtungen geklebt wird, dann hilft das gar nichts,« so eine Teilnehmerin. Für Wolfgang Spanier erfreulich: »Das was hier bei uns als Hilfsangebot für Mütter und ihre Kinder entwickelt worden ist, ist ein positives Beispiel. Wir wollen in Berlin das soziale Frühwarnsystem in Deutschland verbessern. Das Familienministerium stellt die verschiedenen Modellprojekte in Deutschland zusammen. Das Herforder Modell werde ich in das Ministerium einspeisen. Es sollte nicht nur im Kreis Herford, sondern auch in anderen Regionen übernommen werden.«

Artikel vom 31.05.2006