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Praxen mittwochs schließen

Ärzteverband: Patienten nur noch an vier Tagen behandeln

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). In Deutschland sollen Patienten nur noch an vier Tagen der Woche in den Arztpraxen behandelt werden. Außer an Samstagen und Sonntagen sollen auch mittwochs die Praxen komplett geschlossen bleiben.
Dr. Ernst-Rüdiger Osterhoff: Proteste ausweiten.
Der Vorstand des Landesverbandes Westfalen-Lippe des NAV Virchow-Bundes (Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschland) hat alle 123 000 niedergelassenen Ärzte aufgefordert, diese Protestaktion bis Ende des Jahres durchzuführen und mittwochs Notdienste einzurichten. Bisher sind die Praxen nur am Mittwochnachmittag geschlossen. »Bürokratiearbeit sollte nicht mehr an den Wochenenden, sondern am Mittwochmorgen erledigt werden«, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Dr. Ernst-Rüdiger Osterhoff aus Preußisch Oldendorf (Kreis Minden-Lübbecke) dieser Zeitung.
Vor 20 Jahren hätten die Krankenkassen 100 Mitarbeiter pro 100 000 Versicherte gehabt, heute seien es 250 Mitarbeiter für die gleiche Versichertenzahl. Osterhoff: »Die Krankenkassen haben ganze Abteilungen eingerichtet, um durch unsinnige Anfragen den Arbeitsalltag der Haus- und Fachärzte zu erschweren.« 1986 habe es drei bis vier Anfragen pro Quartal gegeben, heute seien es 10 in der Woche.
Bereits im September 1998 habe die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe beschlossen, den Mittwoch zum freiwilligen Budgettag zu erklären. Der Beschluss sei nie umgesetzt worden. Es sollte von allen Kassenärztlichen Vereinigungen aufgegriffen und der Budgettag in einen Bürokratietag umgewandelt werden.
Bereits 1998 seien 15 Prozent der ärztlichen Leistungen nicht bezahlt worden. Heute seien es bereits 33 Prozent. Osterhoff: »Vor acht Jahren haben wir Ärzte zehn Tage im Quartal umsonst gearbeitet. Mittlerweile ist es ein Monat im Quartal, der nicht bezahlt wird.« Die 123 000 Haus- und Fachärzte in Deutschland würden jährlich kostenlose Leistungen im Wert von 10 bis 16 Milliarden Euro erbringen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben bereits 30 000 der 100 000 Arztpraxen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Artikel vom 01.06.2006