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Chanukka-Leuchter hat würdigen Platz gefunden

Als Leihgabe im Dokumentationszentrum Petershagen

Vlotho (MK). Auf ihrer Jahresmitgliederversammlung im März hatte die Mendel-Grundmann-Gesellschaft einen Chanukka-Leuchter vorgestellt, der aus Vlotho stammt und auf Umwegen nach Vlotho zurückgekehrt ist (VZ vom 30. März). Da die Mendel-Grundmann-Gesellschaft über keine eigenen Ausstellungsräume verfügt, regte der Vorstand an, den Leuchter dem »Dokumentationszentrum Alte Synagoge Petershagen« als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Die restaurierte Synagoge erschien ein würdiger Ort für die öffentliche Präsentation des Leuchters.
Helmut Urbschat (l.) und Pfarrer Eckhard Hagemeier bei der Übergabe des Leuchters in der »Alten Synagoge« Petershagen. Fotos: VZ


Der Vorstand der Mendel-Grundmann-Gesellschaft überbrachte nun den Chanukka-Leuchter dem Verein »Alte Synagoge Petershagen«. Dort hat er in einer Schauvitrine einen würdigen Platz gefunden.
Bei der Übergabe wurde ausführlich die Geschichte des Leuchters dargestellt. Manfred Kluge, Schriftführer der Mendel-Grundmann-Gesellschaft, berichtete, wie ihm im Oktober 2005 anlässlich eines Zeitzeugen-Kaffeetrinkens der Bünder Schülergruppe Netzwerk der Leuchter überreicht wurde. Als Vermittlerin fungierte Frau I. Franke aus Bünde, die bei einem Bekannten in Bad Oeynhausen auf den Leuchter aufmerksam wurde. Der Leuchter befand sich nämlich seit 1948 im Besitz eines Oeynhauser Bürgers. Dieser hatte ihn von einem Vlothoer im Tausch gegen ein nützliches Werkzeug erworben. Der Vlothoer Bürger, dessen Name nicht genannt wurde, will im November 1938 als Hitlerjunge den Leuchter aus den Überresten der zerstörten Synagoge geborgen und mit nach Hause genommen haben.
Frau Franke konnte nun den inzwischen betagten Herrn in Bad Oeynhausen bewegen, den Leuchter nach Vlotho zurückzugeben. Seit Herbst 2005 ist der Leuchter nun im Besitz der Mendel-Grundmann-Gesellschaft.
Helmut Urbschat sagte bei der Übergabe, die Mendel-Grundmann-Gesellschaft sei dankbar, dass der Leuchter nun wieder in Vlothoer Hände gelangt sei. Er sei eine konkrete Erinnerung an jüdische Kultur und jüdisches Leben in Vlotho. Die Beschädigung des Leuchters weise aber auf die zerstörerische Gewalt hin, mit der schließlich alles jüdische Leben in unserer Stadt vernichtet wurde.
Ralf Steiner, zweiter Vorsitzender, deutete an, dass der Leuchter nicht unbedingt aus der Synagoge stammen müsse, er könne ebenso aus einem privaten Haushalt stammen, denn in den jüdischen Familien Vlothos wurde das Chanukka-Fest mit dem Anstecken der acht Kerzen auf dem Chanukka-Leuchter gefeiert.
Der Vorsitzende des Vereins »Alte Synagoge Petershagen«, Pfarrer Eckhard Hagemeier, bedankte sich für Dauerleihgabe und betonte, dass diese Geste ein Zeichen der guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit der beiden Vereine sei.
2002 war die Mendel-Grundmann-Gesellschaft dort mit einer größeren Ausstellung zur jüdischen Geschichte Vlothos präsent, im September 2005 unternahm der Verein mit den Mitgliedern eine Fahrt nach Petershagen und im November 2005 fand im Alten Amtsgericht schließlich eine Lesung der »Loeb-Briefe« statt. Mit der Ausstellung des Chanukka-Leuchters aus Vlotho sei ein neues Kapitel aufgeschlagen. Dabei regte er einen Gedankenaustausch zwischen der Bünder Netzwerkgruppe, der Mendel-Grundmann-Gesellschaft in Vlotho und dem Verein Alte Synagoge in Petershagen an, die die Erinnerung an die drei großen jüdischen Landgemeinden unserer Region aufrecht erhielten.

Artikel vom 30.05.2006