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Von Karl Pickhardt

Paderborner
Perspektiven

Höhn-Ritt mit Spuren im Bio-Park


Für die einen ein Juwel und eine       Riesenchance für die Region, für andere nur neue Fußfesseln und kostspieliger Bürokratismus ohne nennenswerte Veränderungen: Der Streit um die Ausweisung eines Biosphärenreservats in der Egge vor der Paderborner Haustür spaltet nicht nur die politische Landschaft in den Kreisen Paderborn, Höxter und Lippe in mehrere Lager. Etwa im Oktober will Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) nach Anhörung der Region in Düsseldorf eine Entscheidung fällen.
Die Stimmungslage in dieser Region könnte unterschiedlicher kaum sein. Während im Raum Paderborn und Höxter eher Vorbehalte und Skepsis gegen einen Bio-Park das Meinungsbarometer prägen, ist der Nachbarkreis Lippe wie schon bei der Nationalpark-Debatte durchaus positiv gestimmt. Mit etwa 18 000 Hektar, die vielleicht noch um mehr als 2300 landwirtschaftlich genutzte Hektar im Soratfeld (bei Lichtenau) geschmälert werden, brächte der Kreis Paderborn den kleinsten Anteil in einen künftigen Bio-Park Eggegebirge ein. Mit 36 000 (Höxter) und 34 000 Hektar (Lippe) sind unsere Nachbarn wesentlich stärker betroffen. Die Paderborner Stimme ist in Ministerohren da vielleicht weniger gefragt.
An der überwiegenden Anti-Stimmung im Paderborner Land gegen ein Biosphärenreservat - schon der Begriff »Reservat« stößt auf - trägt die frühere Umweltministerin Bärbel Höhn ein gerütteltes Maß Mitschuld. Die Grünen-Ministerin hatte vor der Landtagswahl im Mai 2005 fast im Husarenritt Senne und Egge zum Nationalpark mit erheblichen Einschränkungen für Land- und Holzwirtschaft, Tourismus oder Wandervereine erklären wollen. Bürger dieser Region fühlten sich überfahren und von Nationalpark-Fesseln bedroht. Höhn hat mit ihrer Eilpolitik viel Porzellan zerschlagen und damit auch Nährboden für eine kritische Haltung zum Bio-Park bereitet. Die CDU machte Front gegen Nationalparkpläne und gewann die Landtagswahl.
Ausgerechnet ein CDU-Minister grub zunächst Nationalparkgedanken neu aus, beerdigte sie dann rasch und serviert jetzt mit dem Biosphärenreservat ein neues Modell. Das Umweltministerium sicherte zu: Keine Beeinträchtigungen für die Landwirtschaft, keine Nachteile (im Gegenteil!) für den Tourismus, kein Wegeverbot für Wanderer. Die Botschaft hörten alle, doch vielen fehlt der Glaube: So sehen Landwirte mit der Höhn-Politik im Hinterkopf in einem Bio-Park entweder ein sinnloses Etikett oder gar einen Versuch, durch die Hintertür einen Nationalpark einzurichten.
Ohne den schädlichen Höhn-Ritt vor der Landtagswahl wäre ein Bio-Park in der Egge möglicherweise im Raum Paderborn salonfähig gewesen. Ein Stimmungswechsel ohne Gesichtsverlust scheint jetzt in der CDU äußerst schwierig, auch wenn zum Beispiel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) durchaus hinter vorgehaltener Hand eine biopark-freundliche Stimmung Raum gewinnt. Der CDU-Umweltminister startete daher in dieser Woche einen neuen Rettungsversuch. Er bot den eiligst nach Düsseldorf eingeladenen Landräten von Paderborn und Höxter einen Vertrag zum Bio-Park an. Darin will Uhlenberg einen Nationalpark auch für nachfolgende Landesregierungen ausschließen. Aber schon wachsen Zweifel, ob ein solcher Vertrag überhaupt haltbar sei.
Ein Bio-Park ist an sich erst einmal nur ein Qualitätssiegel. Es bleibt inhaltslos, wenn die Menschen in diesem Raum ihm kein Leben einhauchen. Egge-Besucher werden enttäuscht sein, wenn lediglich Naturpark-Schilder gegen neue Kennzeichen ausgetauscht werden. Das ist zu wenig. Wenn schon Bio-Park, dann mit vollem Herzen. Aber dafür fehlt hierzulande die Begeisterung. Ohne die Menschen macht ein Bio-Park, der laut UNESCO-Vorgabe ein ausgeglichenes Zusammenleben von Mensch und Natur in einer Modellregion bietet, keinen Sinn.

Artikel vom 27.05.2006