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Himmel über Herford
wird zur Kunstkuppel

»Leere X Vision«: 40 Künstler beteiligen sich

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Herford verwandelt sich in einen Ausstellungsraum. Verantwortlich für die diesjährige Präsentation der »Leere X Vision« zeichnet die Kuratorin Maite Vissault. In einem Rundgang stellte sie am Freitag die Arbeiten vor, die bis zum 7. Juli zu sehen sind.

Unklarheit hinsichtlich der Haltbarkeits-Dauer besteht allerdings bei der Madonnen-Figur des Künstlers Peter de Cupere. Sie befindet sich an einem Gebäude an der Ecke Brudtlachtstraße/Kleine Mauerstraße. Als Material für die Heiligenfigur hat de Cupere »Toiletten-Stein« gewählt. Dies führt zum einen zu einem strengen Geruch, der nicht an Heilige, sondern an Toiletten denken lässt. Zum anderen ist die allmähliche Auflösung der Skulptur Programm. »Wenn es viel regnet, wird es ein bis anderthalb Monate dauern«, sagt Vissault.
Soll so das Verschwinden der Religion thematisiert werden? Oder geht es dem Künstler um das Gegenteil? Will er zum Ausdruck bringen, dass Religion mehr ist als eine Madonnen-Figur? Dass das Göttliche jegliche Kunst überdauert? Die Arbeit lädt zu mannigfaltiger Interpretation ein. Dass sie Anstoß erregen kann, ja bei vielen kirchennahen Menschen sogar wird, weiß die Kuratorin: »In Paderborn hätten wir das sicher nicht ausstellen dürfen«, sagt die Französin.
Die aktuelle »Leere X Vision« trägt den Titel »Connexions«. Dabei geht es um die Begegnung und die Vernetzung von Kunst und Alltag. Um eine Beziehung zum öffentlichen Ausstellungsraum herstellen zu können, haben sich 40 Künstler der Kunsthochschule Antwerpen (Higher Institute for fine Arts) zuvor mit Herford beschäftigt. Schwerpunkt der Präsentation ist das Radewig-Quartier, doch mit dem Daniel-Pöppelmann-Haus und MARTa wurden auch zwei Museen einbezogen.
Aus verschiedenen Ländern kommen die Künstler, laut Kuratorin bietet die Ausstellung so die Chance, »die Visionen der jungen internationalen Kunstszene zu entdecken«. Und MARTa-Direktor Jan Hoet streift beim Schwärmen über die Präsentation fast schon religiöse Sphären. Er spricht von einer »Ausstellung im öffentlichen Raum«, bei der der »Himmel über Herford die Kuppel für die Kunst sein wird«.
Unter dieser Kuppel zu sehen sind eine Ausstellung in einem alten Feuerwehr-Auto, ein Tannenbaum aus Kunststoff und ein zugeklebtes Schaufenster, um nur einige Beispiele zu nennen. Kunst, die sich nicht in jedem Fall aufdrängt, aber in Beziehung zu ihrer Umwelt tritt: Gerade die vermeintlich unspektakuläre Schaufenster-Arbeit nimmt die Leerstands- und Umbau-Situationen vieler Innenstädte ins Visier.
Informationspunkte über die Ausstellung befinden sich im Haus Gänsemarkt 8 sowie im Laden der Recyclingbörse.

Artikel vom 27.05.2006