29.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kneipenrallye mit Jazz und Regenschirm

Jubiläumsveranstaltung zeigt viele Facetten - Dieter Kropp hat den Blues des Ostwestfalen

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Die Herforder Innenstadt schien am Freitagabend nur aus zwei Gruppen von Menschen zu bestehen: Solche, die Jazz machen, und solche, die Jazz hören. Gut bis sehr gut besucht waren die Lokale, die sich an der Kneipenrallye beteiligten.

Für besondere Aufmerksamkeit an dem Abend sorgte der Auftritt von Memo Gonzales and the Bluescasters im Lui's. Proppenvoll war die Lokalität, so dass die zu spät kommenden Fans mit Regenschirmen draußen warteten und die Musik genossen. Aus dem Innern der Kneipe erklang der Blues - charismatisch die Mundharmonika des Herrn Gonzales, die Geschichten von der Einsamkeit des Mannes erzählte, von den Abenteuern, die Menschen in Herford und anderswo erleben.
Und der Blues ging weiter, ja offenbarte im Friseursalon von Markus Krafft seine ostwestfälische Note. Von einer ganz besonderen Einsamkeit weiß Dieter Kropp zu berichten - in deutscher Sprache singt der Bluesmusiker vom Kummer der Nicht-Liebe. Kropp schmachtet nicht ohne Ironie, begleitet von den ostwestfälischen »The Fabulous Barbecue Boys«. Und er reimt über eine Frau: »Unsere Liebe wär' so toll/Wär' sie nicht so anspruchsvoll«. Das Publikum war beeindruckt - am Schluss blieb nur eine Frage: Ob Einsamkeit und Liebeskummer tatsächlich Auslöser oder nicht vielleicht doch Konsequenz derartigen Reimens sind.
Zu den musikalischen Höhepunkten der Jazz-Rallye zählte das Rudy Smith Quartett im Glashaus. Ausgestattet mit der aus Westafrika stammenden Steelpan gab der Bandleader dem Jazz-Treiben in der Innenstadt eine individuelle Note. Bodenständiger ging es im Almundo zu, wo das Bielefelder Jazztrio der Liebe zu Oscar Peterson und Paul Kuhn Ausdruck verlieh - souverän, spielfreudig.
Dies sind nur einige Beispiele aus einem durchweg gelungenen Programm. Von ausschließlich positiver Resonanz berichtete Tanja Prüßner (Pro Herford). Zwar liegen noch keine detaillierten Besucherzahlen vor, doch geht die Organisatorin davon aus, dass die Jazz-Rallye so gut angenommen wurde wie in den Vorjahren.
Der Regen trug seinen Teil dazu bei, dass das mit einer Rallye verbundene Kneipen-Hopping geringer ausgefallen sein mag als gewohnt. Doch gab es auch am Freitag Unentwegte, die allen 14 Jazz-Spielorten einen Besuch abstatten wollten. Beispielhaft eine Gruppe junger Leute, die vor einem Lokal darüber diskutierte, ob man kurz einkehren wolle. Die zu hörende Musik traf nicht nur auf Gegenliebe - doch: »Wir haben gesagt, dass wir überall 'reingehen und ein Bier trinken.«
Also: Bestellen, genießen, weiterziehen.

Artikel vom 29.05.2006