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Ärzte klagen über
zu viel Bürokratie

SPD: Gespräch mit Heistermann und Klöpper

Schloß Holte-Stukenbrock (rk). Geschlossene Arztpraxen in ganz Schloß Holte-Stukenbrock waren am vergangenen Freitag an der Tagesordnung. Nur Notdienstpraxen waren eingerichtet worden. Grund dafür war der Streik der niedergelassenen Ärzte, die zu den Demonstrationen nach Berlin gefahren waren.

»Die Bürokratie überwuchert unsere Praxen«, ärgern sich Dr. Werner Klöpper und Peter Heistermann. »Deshalb waren wir am Freitag mit unserem Praxis-Team in Berlin und haben demonstriert.« Für das Verständnis der Patienten zum Streik referierten die beiden Allgemeinmediziner nun bei der SPD-Mitgliederversammlung zum Thema »Sprengstoff Gesundheit«. 50 Interessierte hatten sich im Hotel Westhoff eingefunden, um den beiden Ärzten zuzuhören.
»Es kann nicht sein, dass wir mehr Zeit damit verbringen, unsere Patienten zu verwalten, als ihnen zu helfen«, erklärte Internist Heistermann. Denn neben einem »ganzen Wandschrank« an unterschiedlichen Formularen, ärgert die Ärzte auch das alltägliche Ausstellen von Attesten. »Wir müssen tatsächlich einem Kind mit Gipsbein bescheinigen, dass es nicht am Sportunterricht teilnehmen kann«, schimpft Klöpper. Aber auch das Kassieren der Praxisgebühren löst unter den Medizinern Missmut aus. »Unsere Arzthelferinnen verbringen pro Jahr durchschnittlich 80 Stunden nur damit, die 10 Euro zu kassieren und Quittungen auszustellen«, so Klöpper. »Die Haftung dafür müssen dann letztendlich wir Ärzte übernehmen.«
Ein anderer Streitpunkt sei das Verschreiben von Medikamenten. »Die Krankenkassen und Prüfungsausschüsse müssen ständig von uns überzeugt werden, warum bestimmte Medikamente verschrieben werden«, sagt Klöpper. »Uns wird vorgeworfen, zu teure Medikamente zu verordnen.« Dabei seien es die Pharma-Konzerne, die, so Heistermann, die Medikamentenpreise künstlich hochtreiben.
Nicht zuletzt ist es aber auch das Punkt-Zahl-Grenzvolumen, das die Ärzte auf die Palme bringt. Das schreibt den Ärzten vor, wie viele Leistungen sie bezahlt bekommen. Rund drei Wochen vor Quartalsende sei das Grenzvolumen dann erreicht. »Eigentlich könnten wir die Praxen dann zumachen, weil wir nichts mehr verdienen. Aber wir haben ja Anwesenheitspflicht«, sagt Klöpper. Probleme gibt es letztlich aber auch mit den vielen Krankenkassen. Denn dort hat jede Kassenleistung eine unterschiedliche, fünfstellige Nummer. Diese nun zu registrieren, kostet Summen an Computersoftware und enorme Verwaltungsarbeit. »Es wäre viel einfacher, wenn es nicht so viele Krankenkassen gäbe«, sagt Klöpper. Denn schließlich sei das ganze System so aufgeblasen, dass es auf Dauer nicht mehr gut gehen könne. »Ich betreibe nun seit 17 Jahren meine Praxis in Schloß Holte-Stukenbrock, noch nie habe ich so viel Frust bei meinen Kollegen gesehen«, sagt Klöpper.

Artikel vom 25.05.2006