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Vesper fordert den
zivilen Ungehorsam

Scharfe Kritik an Verkehrspolitik der Behörden

Verl (köh). Scharfe Worte gegen Landrat Sven-Georg Adenauer, Bürgermeister Paul Hermreck und die Abteilung Straßen NRW waren Dienstagabend bei einer Diskussion zur Verkehrssicherheit in Verl zu hören. Kritik und Argumente blieben jedoch in kleiner Runde.

Nur etwa 25 Bürger nahmen an der Veranstaltung der Bürgerinitiative »Pro 50 km/h« (200 Mitglieder) teil und das, obwohl kein Geringerer als Ex-Bauminister Dr. Michael Vesper aus Bielefeld extra nach Verl gekommen war, um ihr den Rücken zu stärken. Flankiert wurde der Vize-Landtagspräsident auf dem Podium von den Spitzenpolitikern der Grünen im Kreis Gütersloh, Helmut Rose und Helga Lange, und »Pro 50«-Sprecher Rocco Thiede. Vor allem an der Bielefelder Straße entzündeten sich Kritik und Diskussion. Die Forderung der Initiative, die Geschwindigkeit auf 70 km/h in der unfallträchtigen Kurve und auf 50 oder am liebsten 30 km/h im Bereich Pausheide zu drosseln, kann Vesper nur unterstützen. »Ich bin auf dem Weg hierher über diese Straße gekommen und kann nur sagen: Die Forderung ist berechtigt.« Dass die Initiative in dieser Sache bisher beim Kreis und bei der Landesbehörde auf Granit beißt, kann Vesper nicht verstehen. »Wenn die Behörde meint, es sei nicht genug passiert, um Maßnahmen zu ergreifen, so ist das reiner Zynismus«, meinte er. Der Gemeinde Verl wirft er vor, sich lediglich formal für mehr Sicherheit auszusprechen, aber nichts zu tun. »Wenn der Bürgermeister wollte, könnte er etwas bewegen«, meinte Vesper und fügte hinzu: »Ich habe den Eindruck, dass er die Sache gegenüber dem Kreis nicht vehement vertritt.« Und wenn dann noch der Landrat freie Fahrt für freie Bürger proklamiere und wie er gehört habe das Einhalten von gesetzlichen Regeln, nämlich der Geschwindigkeitsbeschränkung, als Drangsalieren der Bürger bezeichne, so sei das schon ein starkes Stück. Vesper: »Das darf man nicht durchgehen lassen.« Er warf sowohl dem Land als auch der kommunalen Ebene »Menschenverachtung« vor und versprach: »Ich werde mich in dieser Sache mit dem Leiter von Straßen NRW in Verbindung setzen.« Vesper forderte die Bürger auf, weiter zu kämpfen und kreativ zu sein: »Ich bin für ein Stück zivilen Ungehorsam.«
Die Sprecherin der Grünen Kreistagsfraktion, Helga Lange, meinte, das Problem sei nur politisch zu lösen. »Der Kreis möchte die Zahl der Unfalltoten vor allem im Alter von 18 bis 20 Jahren senken. Doch Ziele und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.« Hier müsse man ansetzen. Außerdem sei es makaber, dass sich Gütersloh das Bild eines familienfreundlichen Kreises geben wolle, aber die Sicherheit von Kindern auf den Straßen nicht berücksichtige.
Der Kreis hinke im Vergleich zu den umliegenden Kommunen hinterher, meinte Verls SPD-Chef Adolf Großmann: »Wenn ich den Kreis Gütersloh verlasse, muss ich plötzlich langsamer fahren, obwohl sich an den Straßenverhältnissen nichts geändert hat.«

Artikel vom 25.05.2006