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Von Ralf Meistes

Herforder
Aspekte

Aus dem Ruder gelaufen . .  .


Nun sind es also mehr als 30 Millionen Euro geworden, die der Bau des Museums MARTa gekostet hat. Hinzu kommt eine deutliche Erhöhung der Betriebskosten. Und sofort wird von einigen argumentiert, man müsse nach vorne schauen, das Positive sehen. Kritik an vergangenen Fehlleistungen führe zu nichts. Zu lange haben sich Verantwortliche mit dieser Vogel-Strauß-Methode begnügt. Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Doch genau dieses Verhalten führte nicht zum Wohle, sondern zum Schaden der Stadt.
Hätte man frühzeitig Fehlleistungen offen angesprochen, Kritik nicht als lästigen Zwischenruf, sondern ernst gemeinten Vorschlag zur Verbesserung wahrgenommen, wären der Stadt erhebliche Kosten erspart geblieben. Funkstille zwischen den handelnden Akteuren auf der Baustelle, erhebliche Planungsmängel zu Beginn des Projektes -Êall das war bekannt, doch unter dem irrigen Vorwand, Diskussionen würden dem Projekt schaden, gaukelte man der Öffentlichkeit vor, alles sei in bester Ordnung. Diese Öffentlichkeit muss nun die Zeche bezahlen.
Denn mit der Präsentation der Rechnung ist das Thema MARTa-Kosten bei weitem nicht abgehakt. Allein die Tilgung der Zinsen wird die Stadt in den kommenden Jahren mit etwa 700 000 Euro belasten. Hinzu kommen die Betriebskosten, die realistisch geschätzt eher bei drei als bei 2,5 Millionen Euro jährlich anzusetzen sind.
Die Ratsmitglieder sollten stets an diese finanzielle Bürde erinnert werden, wenn sie diese oder jene Maßnahme, die 5000 Euro oder weniger kostet, aus finanziellen Gründen streichen möchten.
Herford hat das Museum MARTa und muss versuchen, es zum Erfolg zu führen. Die Losung darf aber nicht lauten, um jeden Preis, wenn andere, wichtige kulturelle Veranstaltungen, die in ihrer Vielfalt das Leben in Herford lebenswert machen, dabei auf der Strecke bleiben. Herford hat ein erfolgreiches Theater, mit der NWD einen wichtigen Imageträger und mit der Musikschule eine kreisweit wichtige Anlaufstelle, die erhalten werden müssen.
Wie so häufig in diesen Fällen, sind jene, die das Dilemma zu verantworten haben, nicht mehr greifbar. Juristische Scharmützel erspart sich die Stadt, weil sie lange Prozesszeiten erwartet, an deren Ende vielleicht ein kärglicher Vergleich, sicher aber ein erheblicher Imageschaden stehen.
Bürgermeister Bruno Wollbrink und MARTa-Geschäftsführer Hans-Jörg Gast sind nur die Boten einer schlechten Nachricht. Zu verantworten haben sie andere. Mehr denn je benötigt MARTa ein professionelles Marketing, Controlling und die Unterstützung aus der Wirtschaft. Die Ratsmitglieder werden einer weiteren jährlichen Erhöhung des städtischen Zuschusses auf 2 Mio. Euro (plus 500 000 Euro E.ON-Ausschüttung) zustimmen müssen, wenn sie nicht wollen, dass das Museum in den ersten Jahren an Bedeutung und Aufmerksamkeit verliert. Doch spätestens in zwei Jahren werden sich die Verantwortlichen fragen müssen, ob der enorme finanzielle Aufwand gerechtfertigt wird durch die dann zu erwartenden jährlichen Besucherzahlen.

Artikel vom 25.05.2006