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In der Hauptstadt
das »große Ganze«
im Blick behalten

Bundestagsneuling Frank Schäffler (FDP)

Von Peter Schelberg
Bünde (BZ). Als »Newcomer« im Deutschen Bundestag ist er seit Oktober in der Bundeshauptstadt tätig. Sitzungswochen verbringt Frank Schäffler, FDP-Abgeordneter aus dem Kreis Herford, von montags bis freitags in Berlin, wo er von einem Termin zum nächsten eilt.

Montags tagt die Arbeitsgruppe der FDP, Gespräche mit Fachleuten stehen auf dem Programm. Dienstags ist Fraktionstag: Um 8.30 Uhr beginnt die Sitzung der Arbeitsgruppe »Finanzen und Steuern« - »Das eigentliche Arbeitsgremium in der Fraktion für mich«, sagt Schäffler. Anschließend diskutiert er im Arbeitskreis »Wirtschaft und Finanzen« Seite an Seite mit Ex-Minister Rainer Brüderle und dem Haushaltsexperten Jürgen Koppelin. Schäffler befasst sich mit Steuerfragen: »Die betreffen viele Bereiche der Wirtschaft, und es ist gut, wenn man Einblick hat«, betont der Abgeordnete, der nicht für Mehrwertsteuererhöhung votiert hat.
Der nächste Termin führt den Liberalen zur »Jungen Gruppe« innerhalb der FDP-Fraktion: 17 der 61 FDP-Abgeordneten sind unter 40 Jahren. Sitzungen der Landesgruppe NRW und der Fraktion folgen. »Die Arbeitstage sind sehr ausgefüllt - deshalb habe ich außer einem Besuch mit meiner Familie im Zoo noch nicht allzu viel von Berlin gesehen«, bekennt Schäffler. Im 6. Stock des Jakob-Kaiser-Hauses hat er sein Abgeordnetenbüro »mit Blick auf den Innenhof«. In den drei Räumen sind für ihn zwei Wissenschaftliche Mitarbeiter und eine Auszubildende tätig. Die Fragestunde der Bundesregierung und Plenarsitzungen schließen sich an, abends laden Interessenverbände ein, um Politiker zu informieren und »Überzeugungsarbeit« zu leisten. »Für uns Abgeordnete unerlässlich, um Anregungen von außen zu bekommen und sich selbst ein Bild zu verschaffen«, betont der Industriekaufmann. Donnerstags ist Plenumstag, auch freitags wird hier bis in die Mittagsstunden getagt. Danach geht's Richtung Heimat.
Neu und ungewohnt sei für ihn das ausgeprägte »Kästchendenken« und ein starker Trend zur Spezialisierung bei den Abgeordnete gewesen, berichtet der Herforder. »In Berlin rückt so das große Ganze leider schnell aus dem Fokus.« Zur Arbeit auf der Oppositionsbank gehört für ihn auch, konkret zu sagen, wo gespart werden soll »und nicht nur, einen verfassungswidrigen Haushalt der Regierung zu kritisieren«, sagt Schäffler, der sich in der Fraktion als »Brückenbauer« zwischen unterschiedlichen Interessengruppen sieht. Die hohe Staatsverschuldung treffe vor allem Kleinverdiener und Rentner. »Wir müssen an die Ausgaben rangehen«, fordert Schäffler Kürzungen bei Subventionen und in sozialen Sicherungssystemen. Kritisch beleuchtet er Fehlentwicklungen bei der Gewährung von Hartz IV-Leistungen: »Hartz IV sollte eigentlich billiger werden.« Stattdessen sehe sich der Bund mit Mehrausgaben konfrontiert. Von der Kooperation der Agenturen für Arbeit mit Kommunen wie im Kreis Herford hält der Diplom-Volkswirt nicht viel: »Da wird im wesentlichen nur neue Bürokratie erzeugt.« Die optierenden Kreise, die »Hartz IV« in Eigenregie umsetzten, führen unterm Strich besser. Der FDP-Mann hat auch in Berlin die kommunalen Finanzen im Blick: »Ich beschäftige mich beispielsweise mit Eingliederungshilfen, die die Kommunen stark belasten.« Beitragen will er auch dazu, dass Kreisen, Städten und Gemeinden nicht zusätzliche Aufgaben von Bund und Ländern aufgebürdet werden, ohne dass ein finanzieller Ausgleich erfolgt: »Die Kommunen müssen überlebensfähig bleiben.«
Mit Besorgnis beobachtet er die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt: »Die hohe Zahl von Schulabgängern ohne Ausbildungsplatz ist gerade im Kreis Herford ein Riesenproblem.« Bedenklich sei auch, dass die Qualifikation vieler Schulabgänger den Anforderungen potenzieller Arbeitgeber nicht gerecht werden: »Da müssen wir dringend zu einer Trendwende kommen.« Wichtig für die heimische Wirtschaft sei auch der Ausbau der Infrastruktur, verweist Schäffler auf die Nadelöhre der A 30 und der A 33. Mehr Ehrlichkeit wünscht sich Schäffler in der Rentenpolitik: »Man muss den Bürgern deutlich sagen, dass ihre Rente künftig allenfalls noch zur Grundversorgung im Alter ausreichen wird.«

Artikel vom 01.06.2006