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Musikalisches Feuer
im Kaisersaal entfacht

Preisträgerkonzert mit jungen Künstlern

Höxter (WB). Das Preisträgerkonzert des Felix Mendelssohn-Bartholdy-Wettbewerbs 2006 im Corveyer Kaisersaal hatte eine exquisite Note: Nicht nur durch die herausragende Leistung der beiden jungen Künstler Julian Arp (Violoncello) und Caspar Frantz (Klavier), sondern auch durch die Uraufführung einer Bildvertonung des Komponisten Walter Steffens.

An Walter Steffens, Schirmherr des Wettbewerbs und selbst Preisträger 1966, erging ein gemeinsamer Kompositionsauftrag durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und den Kulturkreis Höxter/Corvey anlässlich des 400. Geburstages von Rembrandt van Rijn. Walter Steffens, einer der bedeutensten zeitgenössischen Komponisten auf dem Gebiet der Bildvertonung, hat für seine musikalische Bildreflektion eine der bekanntesten Radierungen von Rembrandt gewählt.
Auf dem »Hundertguldenblatt« stellt Rembrandt in subtiler Weise Geschichten aus dem 19. Kapitel des Matthäus-Evangeliums dar. Er verbindet die einzelnen Szenen zu einer Einheit, die durch den genialen Einsatz von Licht und Schatten auf den Betrachter eine große Faszination ausüben. Diese Faszination hat wohl auch der Komponist empfunden, der in seinem Werk »Erleuchtetes Dunkel« op.93 für Violoncello und Klavier den Dunkel/Hell-Aspekt des Bildes musikalisch herausgearbeitet hat.
Die Musik beginnt mit einem dunklen Drängen, nach und nach widmet sich der Komponist den Szenen und Figuren des Bildes. Einzelne Figuren sind mit Liedern aus dem niederländischen Gesangsbuch vertreten -ĂŠLieder, die von der Gewissheit erzählen, durch Jesus zum Glauben zu finden, Lieder, die vielleicht auch Rembrandt gekannt hat. Der lichtdurchflutete Jesus in der Mitte des Bildes ist auch Zentrum der Komposition; mit einem großen Gesang auf die Liebe, die sich im segnenden Jesus darstellt, endet das Werk. Die beiden Instrumentalisten fächerten das Klanggeschehen gradezu szenisch auf. Jeder Ton des Cellos war intensiv geformt, von nahezu körperlicher Präsenz. Julian Arp beherrscht die Subtilität des Leisen genauso wie die strahlende Höhe. Im Sinne einer ausgewogenen Partnerschaft glühten musikalisches Feuer und Kraft des Ausdrucks auch durch das differenzierte Spiel des Pianisten Caspar Frantz.
Der Namensgeber des Wettbewerbs, Felix Mendelssohn-Bartholdy, war an diesem Konzertabend mit der »Sonate Nr.2 in d-dur op.58« vertreten, in der der Komponist die dualistische Wechselwirkung der beiden Instrumente betont. Mendelssohns Sonate versprüht besonders im 2. Satz einen liebenswürdigen, lyrischen Charme. Dem Adagio verliehen die beiden Künstler schlichte und nachdenkliche Innigkeit, fein kalkulierte Lautstärken, Effekte und Wechselakzente zeichneten ihr subtiles Spiel aus.
1849 veröffentlichte Robert Schumann vier kleine Kammermusikwerke die »Phantasiestücke op.73 und Adagio und Allegro op70«. Clara Schumann fand die Stücke »prächtig, frisch und leidenschaftlich«, und so klangen sie auch in Corvey. Julian Arp und Caspar Frantz spielten die Preziosen rhythmisch und agogisch wie aus einem Guss.
Das Publikum im ausverkauften Kaisersaal war begeistert und entließ die symphathischen jungen Meister nicht ohne drei Zugaben, die sie bereitwillig gewährten. Dagmar Korth

Artikel vom 23.05.2006