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Das Wort zum Sonntag

 Von Pfarrerin Antje Eltzner-Silaschi


Mit Trompeten- und Posaunenklängen haben wir sie empfangen, an einem Ort, an dem solche Musik sicher selten erklingt: im Flughafen von Hannover. Dort kamen unsere Gäste aus dem fernen Tansania an und waren erfreut, auch Melodien aus ihrer Heimat zu hören. Geistliche Musik an einem solch weltlichen Ort wie einem Flughafen, der so weltlich dann doch nicht ist. Bei unserem Gang durch die Flughafenhalle kamen wir auch an der Kapelle vorbei, die hier in Hannover an einem recht zentralen Ort zu finden ist und so den Menschen, die das Bedürfnis haben, vor oder nach einer Reise im Gebet Einkehr zu halten, einen Raum bietet.
Und dann erzählte mein Mann mir, dass er in Tansania erlebt habe, wie vor und nach jeder Fahrt ein Gebet gesprochen wird. Die Mitreisenden versammeln sich am Auto und bitten um Gottes Segen für diese Fahrt. Nach der Ankunft wird für die Bewahrung gedankt.
In solchen Gebeten kommt sicher eins zum Ausdruck: Die Ahnung davon, dass es nicht selbstverständlich ist, dass eine Reise mit der guten Ankunft endet. Und wenn ich mir unsere Lokalnachrichten der vergangenen beiden Wochen betrachte, so wird das auf traurige Weise bestätigt. Was uns manchmal so selbstverständlich scheint, ist es eben nicht.
Mit dem Gebet wird unser Glaube auf die Erde geholt und unsere Sorge miteinander vor Gott zur Sprache gebracht. Zwei Elemente sind mir wichtig bei solchem Beten: die Gebetsgemeinschaft und das Beten mitten im Alltag, mitten im Selbstverständlichen.
Der morgige Sonntag trägt den Namen »Rogate« - Betet!. Für manche wird es selbstverständlich sein, an einem Sonntag - zumindest dann - zu beten. Andere werden vielleicht aus Anlass einer Konfirmationsfeier wieder daran erinnert, dass wir als Christen jemanden haben, an den wir uns wenden können. Und manchen wiederum fällt es schwer zu beten, weil ihnen die Worte im Hals stecken bleiben, wenn Trauer und Verzweiflung übermächtig sind.
In solchen Situationen, sagt der Apostel Paulus, »vertritt uns der Geist mit unaussprechlichem Seufzen«. Auch wenn unser Gebet nur noch ein Stoßseufzer ist, wird es gehört. Und so heißt es auch im Wochenspruch: »Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.« (Psalm 66, 20). Dass ein Gebet eine bestimmte Form oder einen ausgesuchten Ort haben muss, wird hier nicht erwähnt. Beten können wir zu allen Zeiten und an allen Orten, auch wenn sie uns am Auto oder im Flughafen zunächst befremdlich erscheinen. Beten können wir singend oder seufzend, allein oder in Gemeinschaft, für uns selbst oder für andere. So eröffnet uns das Gebet weite Räume spiritueller Erfahrung und schöpferischer Zuwendung zur Welt. Daran erinnert uns der morgige Sonntag.

Artikel vom 20.05.2006