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Pferdeflüsterer auf der Lohe

Heinz Welz bringt Mensch und Tier in Theorie und Praxis einander näher

Von Jana Winde (Text und Foto)
Bad Oeynhausen-Lohe (WB). »Pferde sind Feinstwahrnehmer.« Das steht für Heinz Welz fest. Ohne diese Gewissheit könnte er seinem Beruf nicht nachgehen. Seit inzwischen neun Jahren ist er derjenige, der die Pferde versteht und dem die Pferde vertrauen. Am vergangenen Wochenende führte er einige Interessierte in der Reithalle Pönnighaus am Knappweg in »Das Geheimnis der Pferdeflüsterer« ein.

Zuerst steht das theoretische Lernen auf dem Programm. Der gesamte Freitagabend wurde dafür genutzt, ein Konzept auszuarbeiten, um den Teilnehmern mehr Vertrauen zu ihrem Pferd zu geben. Dieses bestand aus zehn Schritten: Zuerst muss das Pferd eingehend beobachtet und dann mit Streicheleinheiten begrüßt werden. Als nächstes gilt es, dem Tier seinen »Trainingsanzug«, also einen Knotenhalfter, überzustreifen. Daraufhin folgen vier Respektfragen, die mit Körpersprache vom Vierbeiner beantwortet werden, in dem das Tier folgt oder ausweicht. Danach gilt es, das Pferd zu bewegen. »Das gleiche passiert bei einem Chef, der seine Mitarbeiter zum Arbeiten auffordert«, erklärte Heinz Welz.
Der nächste Schritt sei das Anschließen, was auch »Joining« genannt wird. Dabei geht es darum, dass das Pferd Vertrauen aufbaut. Der letzte Punkt beinhaltet schließlich, dass das Tier seinem Besitzer folgt. »Dies ist die entscheidendste Sache, weil das Pferd erst hier erkennen lässt, dass es gehorsam und folgsam ist«, sagte der Pferdeflüsterer. »Natürlich muss das Ganze jetzt noch mit einem dicken Lob besiegelt werden.« Im Grunde unterscheide sich dieser Vorgang nicht von der Menschenpädagogik. »Es geht einfach um Kommunikation.«
Das oberste Ziel eines Pferdeflüsterers sei es, die Beziehung zwischen dem Pferd und seinem Besitzer zu klären oder zu verbessern. Teilnehmerin Lisa Pokorny wünschte sich beispielsweise mehr Vertrauen zu ihrem Pferd Sam. »Ich reite zwar schon seitdem ich acht Jahre alt bin. Sam gehört aber erst seit einem halben Jahr mir«, sagte die 14-Jährige. Lisa steuerte als Beispiel für die anderen Kursusteilnehmer die Mitte der Reithalle an. Gemeinsam mit ihrem Pferd erarbeitete sie alle zehn Schritte. Besonders beeindruckend war auch für sie, »dass das Tier auf Gedanken und Gefühle reagieren kann.« Die Schülerin lernte, dass, wenn sie an »Trab« dachte, das Pferd schneller wurde, wenn sie rückwärts ging, das Tier langsamer wurde und wenn sie gähnte, das Pferd wieder »Schritt« ging. Gähnen sei für das Pferd ohnehin ein sehr wichtiges Zeichen. »Wenn es gähnt, ist das ein Symbol eines psychischen Wandels«, erklärte der Pferdeflüsterer. »Dieses Signal der Verhaltensänderung deutet Entspannung an.« Nach jeder Übung musste der Vierbeiner gestreichelt werden, denn dies sei eine positive Verstärkung des gewünschten Verhaltens, wie Heinz Welz unterstrich.
Die rund 15 Teilnehmer, von denen einige sogar aus Holland angereist waren, konnten am Wochenende dem Pferdeflüsterer lauschen, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Heinz Welz: »Ich bin ein Menschentrainer und befasse mich mit Coaching in Lebensfragen, Berufs- und Lebenskrisen.« Das Arbeiten mit den Pferden sei nur ein Teil dieser Arbeit.

Artikel vom 22.05.2006