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»Das ist das Ergebnis harter Arbeit«

Sozialarbeiter Andreas Fischer sorgt an der Hauptschule für gutes Miteinander

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). 100 Prozent Einsatz, aber nur 50 Prozent Bezahlung. So beschreibt Schulleiterin Ingeborg Brack-Joos von der Rietberger Hauptschule die Stelle von Schulsozialarbeiter Andreas Fischer. Das Lehrerkollegium will sich bei der Stadt dafür stark machen, dass Fischer eine ganze Stelle bekommt. Über seine Aufgaben und Pläne sprach Andreas Fischer mit dem WESTFALEN-BLATT.

Durch die Vorkommnisse an der Berliner Rütli-Schule sind Hauptschulen generell negativ in die Schlagzeilen geraten. Wie sehen Sie die Situation in Rietberg? Fischer: So etwas, wie an der Rütli-Hauptschule passiert ist, ist hier Gott sei Dank kein Thema. Hier leben Menschen verschiedener Herkunft sehr positiv miteinander. Hier in Rietberg ist heile Welt, was aber auch daran liegt, dass die gesamte Schule bei auftauchenden Problemen sofort engagiert dagegensteuert. Das Miteinander funktioniert hier, aber es ist das Ergebnis harter Arbeit.

Die Schulleiterin Ingeborg Brack-Joos meint, dass die Stadtverwaltung nicht merkt, dass an der Hauptschule etwas fehlt, weil Sie trotz halber Stelle 40 oder 50 Stunden in der Woche arbeiten. Wie sehen Sie Ihre Situation?Fischer: Die Schüler liegen mir einfach am Herzen, und da kann ich meine Arbeit nicht einfach nach der Stechuhr ableisten. Vormittags steht die Tür meines Raumes hier in der Schule immer für alle offen, und auch nachmittags gibt es ja viel zu tun. Normalerweise müsste es hier in Rietberg eine volle Stelle für einen Sozialarbeiter an der Hauptschule geben, in Mastholte und Neuenkirchen gibt es ja auch Ganztagsstellen. Wir haben den Bedarf bei der Stadt auch schon mehrfach angemeldet, stoßen derzeit aber auf Schweigen.

Mit welchen Problemen kommen die Schüler zu Ihnen?Fischer: Am häufigsten sind das die ganz normalen Konflikte im Alltag unter Schülern. Probleme, die für Erwachsene zunächst banal klingen mögen. Natürlich werden oft auch Probleme innerhalb der Familie angesprochen. Ein ganz großer Themenschwerpunkt ist zudem die Zukunftsperspektive der Schüler, da gilt es, das Selbstbewusstsein der Schüler zu stärken. Eines unserer Hauptziele ist es, dass unsere Schüler mit ihrem Abschlusszeugnis selbstbewusst hier rausgehen und eine berufliche Perspektive haben.

Wie können Sie als Sozialarbeiter die Schüler unterstützen?Fischer: Ich arbeite oft auch nachmittags und abends, mache viele Hausbesuche, helfe den Schülern beim Schreiben von Bewerbungen, vereinbare für sie Termine bei der Berufsberatung. Auch die Kooperation mit dem Jugendhaus Südtorschule ist sehr wichtig, wie generell die gesamte Netzwerkarbeit. Es gibt eine Menge Stellen, die ich kontaktiere, um Schülern in bestimmten Situationen zu helfen, zum Beispiel auch das Jugendamt, Pro Familia, die Polizei, aber auch Unternehmen hier vor Ort in Rietberg.

Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die ein Sozialarbeiter Ihrer Meinung nach mitbringen sollte?Fischer: Authentizität ist wichtig, die Schüler müssen spüren, dass ich ihnen nichts vorspiele, sie müssen mich als Vertrauensperson sehen, dazu müssen sie dieses Vertrauen aber erstmal entwickeln. Die Tür meines Raumes hier an der Schule ist nie abgeschlossen, denn auch ich vertraue den Schülern. Verschlossene Türen oder Zäune lösen keine Probleme. Natürlich brauche ich aber auch oft viel Geduld und gute Nerven.

Von den Schülern, die die Rietberger Hauptschule besuchen, haben 53 Prozent einen so genannten Migrationshintergrund. Wie funktioniert aus Ihrer Sicht Integration?Fischer: Integration bedeutet für mich vor allem das Verstehen anderer Kulturen. Ich habe beispielsweise gute Kontakte zu türkischen, kurdischen oder russischen Familien hier in Rietberg. Ich besuche die Familien, wenn es meine Zeit erlaubt, zu Hause und versuche, mit den Eltern so in Kontakt zu kommen, dass sie auch unsere Kultur verstehen, denn dann kann man auch diese Eltern viel besser in schulische Aktivitäten mit einbeziehen.

Artikel vom 20.05.2006