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Schüler tappen
in Internet-Falle

Angebote entpuppen sich als Abo

Von Ingo Schmitz
Kreis Höxter (WB). Verlockende Angebote hält das Internet bereit. Auf zahlreichen Seiten wird die Jugend mit kostenlosen Diensten geködert. Wenn aber plötzlich Rechnungen ins Haus flattern, ist die Not groß. Rechtsanwalt Tobias Seck bearbeitet zurzeit mehr als ein Dutzend Fälle, in denen Schüler aus dem Kreis Höxter in die Internet-Falle getappt sind.

Große Wünsche -Êschmaler Geldbeutel. So sieht es oftmals bei Jugendlichen aus, die heute über Mobiltelefone und Computer verfügen. Und genau das machen sich findige Internetanbieter zu Nutze.
Sie werben zum Beispiel mit 100 kostenlosen SMS (Kurznachrichten aufs Handy) oder Hausaufgabenlösungen, die von der Datenautobahn herunter geladen werden können. Geblendet von dem Angebot klicken die Jugendlichen drauf los. »Sie melden sich für den SMS- oder Hausaufgaben-Dienst an, ohne zu merken, dass sie bereits ein Abonnement abgeschlossen haben«, berichtet der Brakeler Jurist. »Die Jugendlichen gehen davon aus, dass sie von dem Anbieter unter Umständen ein wenig Werbung erhalten, mehr aber nicht. Umso überraschter sind sie, wenn sie ein paar Tage später eine Rechnung über 84 Euro bekommen.« Ganz aktuell seien die SMS-Fälle. Pro Woche bekommt Tobias Seck drei neue Mandanten mit diesem Problem dazu.
In diesem Bereich tummeln sich nach Angaben des Anwalts verschiedene Firmen. »Der Hauptanbieter hat seinen Sitz in Dubai. Häufig haben die Firmen in Deutschland nur Postfachadressen. Manche weisen auf ihren Seiten auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hin, andere unterlassen das komplett«, sagt Seck. Er warnt: »Allein die Angabe der persönlichen Daten und das Anklicken der Bestätigung reicht aus, um das Abo abzuschließen.« Das ist aber auch der Knackpunkt, meint Seck. Die Jugendlichen seien sich nicht bewusst, dass sie eine rechtsgültige Willenserklärung abgeben.
Manche Firmen weisen die Nutzer lediglich im Kleingedruckten darauf hin, dass die Testzeit sich nach Ablauf des Anmeldetages (24 Uhr!) zu einem Abo verändert. »Das ist sittenwidrig!«, stellt Seck fest. Solche Verträge könne man, so der Anwalt, grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss kündigen. »Dazu muss der Verbraucher aber erst einmal über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden sein. Wenn die Aufklärung nicht erfolgt ist, hat man sogar noch mehr Zeit«, klärt der Experte auf.
Seine bisherigen Erfahrungen mit den Anbietern sehen wie folgt aus: »Nach einem Widerspruch durch einen Rechtsanwalt melden sich die meisten gar nicht mehr. Andere schicken eine Nachricht, dass der Vertrag und die Forderung storniert worden sind. Ganz renitente Firmen mahnen weiter die Kunden an und arbeiten dabei sogar mit Inkasso-Büros zusammen.«
Der Jurist rät den Betroffenen, alle Schreiben aufzubewahren, falls es zum Prozess kommen sollte. »Schon beim Eintreffen der ersten Rechnung sollte man behaupten, dass der Vertrag gar nicht geschlossen worden ist. Darüber hinaus muss der Vertrag widerrufen werden -Êauch dann, wenn die Frist bereits abgelaufen ist.« Wenn das alles nicht reichen sollte, bliebe den Eltern nichts anderes übrig, als die Willenserklärung des Kindes nicht zu genehmigen und darüber hinaus den Vertrag auch im eigenen Namen zu widerrufen.
Häufig gäben aber die Firmen sich damit nicht zufrieden und schickten alle 14 Tage eine neue E-Mail. Anschließend folgten die Schreiben der Inkasso-Büros. Seck: »Man kann Zeit und Nerven sparen, wenn man sofort einen Anwalt einschaltet. Ein einziges Schreiben von einem Juristen kann ausreichen, damit die Firmen ihre Forderungen einstellen.«
Seck bedauert: »Es ist schade, dass der Verbraucherschutz dem Treiben dieser Firmen keinen Einhalt gebietet. Leider steht es jedem Anbieter frei, solche Angebote im Internet zu bewerben.«

Artikel vom 19.05.2006