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Spannung, Mut, Neugierde

WESTFALEN-BLATT-Interview zum Ganztag an der Hauptschule

Von Judith Frerick
Harsewinkel (WB). Freude und Mut - vermischt mit Neugierde, Spannung und Aufregung. Diese Gefühle kommen in Hauptschulleiter Hermann Hecker und seiner Vertreterin Birgit Amhoff hoch, wenn sie an den Zuschlag als Ganztagsschule (wir berichteten) denken. Zusammen mit Ludger Ströker und Silvia Ostlinning von der Stadtverwaltung diskutieren sie im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT über das Konzept, bauliche Maßnahmen und Hoffnungen, die sie an den Ganztag knüpfen.

Ganztag in der Harsewinkeler Hauptschule - wie waren die ersten Reaktionen?
Hermann Hecker (strahlt): Ehrlich gesagt: Wir haben damit gerechnet, ansonsten hätten wir uns auch gar nicht beworben. Unser Konzept ist einfach überzeugend, zumal wir schon vieles seit Jahren praktizieren, was in einer Ganztagsschule an der Tagesordnung ist. Die Gefühle, das gebe ich zu, sind gemischt, schließlich haben wir auch nur noch drei Monate, bis es losgeht. Als ich am Dienstag mit dem Kollegium gesprochen habe, habe ich gesagt: »Ich habe eine gute Nachricht: Wir werden Ganztagsschule. Und eine schlechte: Wir werden Ganztagsschule«. Die Freude überwiegt aber.
Nur noch drei Monate Zeit. Welche Hausaufgaben müssen bis zum Schulstart erledigt werden?
Silvia Ostlinning: Fest steht ja, dass die Hauptschule zunächst nur mit der fünften Jahrgangsstufe starten wird, so dass wir auch noch nicht alle Räumlichkeiten bereitstellen müssen. Die Mensa zum Beispiel wird vorübergehend im Foyer der Mehrzweckhalle eingerichtet. Die Mensa selbst soll und kann dann erst in den Sommerferien 2007 im Eingangsbereich der Hauptschule entstehen. Alles andere wäre utopisch, zumal wir jetzt einen Architekten und noch einmal das Bauamt einschalten müssen. Die Ausschreibung ist auch noch nicht gelaufen, so dass das Foyer zunächst eine gute Alternative ist.
Ludger Ströker: Wir sollten die Kirche auch im Dorf lassen. Man könnte mit dem Foyer als Provisorium auch noch länger leben. Doch nicht nur die Mensa ist ein Thema, das noch aufgegriffen werden muss. Für den Ganztagsbetrieb müssen die Möglichkeiten im Schulzentrum ausgeschöpft werden.
Hermann Hecker: Im kommenden Schuljahr fallen schon einmal zwei Klassen weg, so dass wir dann auch zwei zusätzliche Räume für den Ganztagsbetrieb nutzen können.
Birgit Amhoff: Für jeden weiteren Jahrgang benötigen wir dann allerdings auch einen zusätzlichen Raum.
Das hört sich nach einem enormen organisatorischen Kraftakt an . . .
Hermann Hecker: Sicherlich liegt noch viel Arbeit vor uns. Das detaillierte Konzept, das wir zusammen mit der Stadtverwaltung eingereicht haben, steht aber. Und das ist das Wichtigste. In alles andere müssen wir zunächst hineinwachsen.
Ludger Ströker (zuversichtlich): Ein glücklicher Zufall ist sicherlich, dass laut Schulentwicklungsplan immer weniger Schüler die Schulbank drücken - von sechszügig geht es runter auf vierzügig. Somit kann der nicht gebrauchte Raum für den gebundenen Ganztag genutzt werden.
Wie sieht der Kostenrahmen aus?Ludger Ströker: Für den Ganztag gibt es rund 500 000 Euro, der Anteil der Stadt liegt bei zehn Prozent, also bei gut 50 000 Euro. Das Zahlenwerk müssen wir aber noch einmal vorlegen und dann auf eine konkrete Zuweisung warten. Einer Bewilligung steht aber nichts mehr im Wege, das sind nur noch Formalien.
In Sachen Kosten und Raumbedarf scheint also zunächst alles in trockenen Tüchern zu sein, aber wie sieht es inhaltlich aus?
Hermann Hecker: Wir haben Glück, dass viele Dinge - Stichwort außerschulische Partner - bereits seit Jahren laufen. So kümmern sich Andreas Tack seit elf Jahren und Andrea Kimmann seit zwei Jahren um die Schulsozialarbeit. Wir haben die Praxisklassen, den Raum des eigenverantwortlichen Denkens, auch RvD genannt, Claas als Kooperationspartner, ehemalige Claas-Mitarbeiter, die mit den Neuntklässlern Gespräche über das Arbeitsleben führen und - ab dem kommenden Schuljahr ganz neu - eine Berufswahl-AG, für die 20 Partner-Betriebe gewonnen werden konnten.
Birgit Amhoff: Die Perspektive des Ganztags ist sicherlich, dass die Kinder auch nachmittags sinnvoll beschäftigt sind. So können auch viele Defizite aufgefangen werden, zumal die Hausaufgaben ja auch in der Schule erledigt werden. Wir wollen nicht, dass die Schüler, wie sie es selbst nennen würden, nur »rumhängen« oder »chillen«. Neben den Hausaufgaben stehen aber natürlich auch sportliche und kreative Angebote auf dem Programm.
Hermann Hecker: Wir erhoffen uns vom Ganztag, dass wir das menschliche Miteinander weiter in bessere Bahnen führen, und dass die Schüler zufriedener sind.
Ludger Ströker: Ich denke, dass durch einen gebundenen Ganztagsbetrieb auch die Identifikation mit der jeweiligen Schule wachsen kann. Sicherlich wird so auch das Image der Harsewinkeler Hauptschule noch weiter verbessert. Wir betreiben also eine Art Lobbyarbeit, die auch durch den Übergangscoach Christiane Michael verstärkt wird.

Artikel vom 20.05.2006