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Patienten sind
Leidtragende

Ärzte informieren über Richtgrößen

Rahden/Altkreis Lübbecke (WB). Für die Heil- und Hilfsmittel liegen seit dem 1. Januar - wie auch für die Medikamente - so genannte Richtgrössen vor. Darauf weisen die Mitglieder des Ärztenetzwerkes »Medial« hin. Anlässlich des bevorstehenden Protesttages am Freitag in Berlin wollen die Ärzte aus dem Altkreis ihre Patienten informieren.

»Um dieses Verwaltungsdeutsch verständlich zu machen, hier ein Beispiel: wenn ein chronisch Kranker Krankengymnastik, Ergotherapie, Sprachtherapie, Lymphdrainagen oder ähnliche Behandlungen erhalten soll, gibt es für die niedergelassenen Ärzte Verordnungsgrößen, nach denen sie sich richten sollen. Hier geht es nicht um einzelne Behandlungen, sondern um alle Behandlungen zusammen. Liegt der Arzt über den Richtgrössen, haftet er mit seinem Einkommen für die Differenz«, heißt es in der Stellungnahme der Ärzte.
Die Richtgröße sei nach dem Durchschnittswert der Verordnungen für das Jahr 2004 ausgerechnet worden. Da aber immer mehr Ärzte Angst bekämen, selbst für ihre Verordnungen gerade stehen zu müssen und vielleicht mehrere tausend Euro von ihrem verdienten Geld zahlen zu dürfen, würden die Verordnungen logischerweise sinken. Das bedeute, die Richtgröße werde in den nächsten Jahren auch sinken.
»Deswegen gehen wir Ärzte mit den Physiotherapeuten, Logopäden wie auch Ergotherapeuten am 19. Mai nach Berlin. Natürlich wäre es schön, wenn die Patienten als Hauptbetroffene auch mitkommen würden. Wir wollen keine Handlanger der Krankenkassen und Politiker sein«, machen die Mediziner in ihrer Information deutlich. »Natürlich werden Sie als Patient ungläubig mit dem Kopf schütteln, wenn wir Massagen oder die teilweise wirklich notwendige Krankengymnastik nicht mehr aufschreiben. Die Krankenkassen werden Ihnen auf ihre Nachfragen sagen, daß die Therapie verordnungsfähig ist. Ist sie ja auch. Nur wenn wir zuviel verordnen, bezahlen wir ihre Therapie selbst.Deswegen geraten wir Ärzte immer mehr unter Druck, Sie als Patient und die Therapeuten stehen auf der einen Seite, die Krankenkassen und unsere Selbstverwaltung auf der anderen, wir sitzen zwischen vier Stühlen.«
Die Mediziner sind der Ansicht, dass es nicht ihre Aufgabe sei, bei zu engen Grenzen auswählen zu sollen, wer Therapie bekommt und wer nicht. »Wir sind keine Versicherungsvertreter. Uns reicht, dass sich das medizinische Wissen alle vier Jahre verdoppelt, da bleibt uns genug Arbeit, um Sie modern und auf dem neuesten Stand versorgen zu können«, sagen sie.
»An der Misere im Gesundheitssystem haben Sie, ihr Krankengymnast und ihre Ärzte keine Schuld. Hier sind die Politiker gefragt und zum Teil auch die Krankenversicherer«, geben sich die Mediziner kämpferisch.

Artikel vom 18.05.2006