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Bei der Heimkehr standen
sie vor Ruinen und Elend

Abiturientinnen aus Sarajevo beim Projekt gegen das Vergessen

Kreis Paderborn (WV). Die schrecklichen Gesichter eines Krieges mit seinen menschlichen Tragödien erfuhren jetzt Schülerinnen und Schüler im Paderborner Edith-Stein-Berufskolleg aus Schilderungen von zwei Abiturientinnen aus Bosnien. Nicolina und Andrea (beide 20) schilderten In der Höheren Berufsfachschule für Sozial- und gesundheitswesen, wie ihre Familien vom Balkan-Krieg betroffen waren. Ein Schulprojekt »gegen das Vergessen«.

Nicolina und Andrea aus Sarajevo haben kaum persönlich direkten Kontakt mit dem Krieg gehabt, da sie bereits als kleine Kinder mit ihren Familien in Deutschland Zuflucht vor dem Krieg fanden. Sie hatten aber ständigen Kontakt mit nahen Verwandten, die in der Heimat geblieben waren und sich in permanenter Lebensgefahr befanden. Beide Familien haben durch den Krieg nahestehende Menschen verloren. Der grausame Krieg war zwar 1995 offiziell beendet, er wirkt aber noch lange nach.
Als die Familien nach vier und sechs Jahren zurück nach Bosnien kamen, fanden sich die zwei Mädchen nur schwer zurecht. Sie standen vor Trümmern, sahen überall zerstörte Häuser, waren umgeben von großem Elend und hatten zusätzlich große Probleme mit der Sprache, da sie mittlerweile besser Deutsch als Bosnisch sprachen. All das haben sie aber gut verarbeitet, und sie sind nun sehr engagiert in der christlichen Jugendarbeit zusammen mit ihrem Jugendpfarrer Simo Marsic, der im Verlauf des Vormittags einen sehr anschaulichen Bericht über seine Arbeit in Sarajevo gab.
Andrea und Nicolina werden im September diesen Jahres erneut nach Deutschland kommen, um vor ihrem Studium ein Freiwilliges Soziales Jahr in den Jugendhäusern Heidenoldendorf bei Detmold und Hardehausen zu absolvieren.
Der Kontakt zum Jugendhaus Hardehausen ist durch Pfarrer Meinolf Wacker entstanden, der 1995 die Aktion »Bosnischer Friedensweg« ins Leben gerufen hat. Deutsche Jugendliche sind von Hardehausen gestartet, um in armen, immer noch Not leidenden Regionen aktiv zu helfen, Häuser aufzubauen, Schulen zu gründen, Spielplätze zu errichten, aber auch mit den Menschen vor Ort zu reden, zu singen und zu beten. Auf diese Weise zeigen sie ihnen, dass man sie nicht vergessen hat.
Im Laufe der Veranstaltung im Edith-Stein-Berufskolleg in Paderborn kam es zu intensiven persönlichen Kontakten zwischen den deutschen und bosnischen Jugendlichen. Es wurden eMail- Adressen ausgetauscht mit dem festen Vorsatz, den Kontakt nicht abbrechen zu lassen. Andrea und Nicolina versprachen, bereits im November das Berufskolleg wieder zu besuchen und mit den Schülern ein gemeinsames Projekt zu gestalten.

Artikel vom 18.05.2006