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Wagen fahren 30 Tonnen Gewicht

Strothmann GmbH baut innerbetriebliches Transportsystem für Rohre - Millionenauftrag

Von Bernd Steinbacher
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Rohre von bis zu 30 Tonnen Gewicht müssen die Transportwagen und die Rundschienen aushalten können. »Wir montieren rund vier Kilometer Rundschienen in den Boden der neuen Produktionshalle der Firma Bergrohr und liefern 40 Fahrwagen zum Transport von Rohren« erläutert Derek Clark, Prokurist und Leiter Marketing und Vertrieb der Wilfried Strothmann GmbH in Schloß Holte-Stukenbrock. Das Auftragsvolumen umfasst rund drei Millionen Euro.

Strothmann ist unter anderem in der Pressenautomatisierung tätig, fertigt Roboter und Spezialmaschinen. Das Unternehmen mit etwa 70 Mitarbeitern hat sich außerdem mit der so genannten Rundschiene, einem System im Fußboden zum Transport schwerer Lasten, einen Namen gemacht. Eine Neuerung stellt die Firma auf der seit gestern in München laufenden Messe »Automatica« aus - einen Roboter, der selbstständig standardisierte Container entladen kann. Kunden sind unter anderem Automobilunternehmen, Werkzeugmaschinenbauer und die Holzverarbeitungsindustrie.
Eine Neuentwicklung ist auch das innerbetriebliche Transportsystem für Rohre mit einem Durchmesser von bis zu 2,50 Meter. Auftraggeber ist die Firma Bergrohr GmbH in Siegen. Sie investiert in eine neue Fertigungshalle zwanzig Millionen Euro.
Die Wagen mit Drehvorrichtungen und einer Tragkraft bis zu 30 Tonnen transportieren geheftete Spezialrohre, deren Längsnaht innen und außen verschweißt wird. Zum Fertigungsprozess gehört auch eine Ultraschallmessung, bei der das Rohr auf dem Wagen verbleibt. Da zu dieser Untersuchung das Rohr mit Wasser besprüht wird, müssen die Wagen besonders Spritzwasser geschützt sein. Die Dichtigkeitsprüfung erfolgt unter Wasser, deshalb müssen die Rohr gehoben und wieder aufgesetzt werden.
Zwei der Transportwagen laufen erfolgreich auf der Versuchsstrecke in Schloß Holte-Stukenbrock. Um das Testgewicht zu erreichen, wurde ein neun Meter langes Rohrstück zugeschweißt und von der Feuerwehr Schloß Holte mit Wasser gefüllt. »So wurden 30 Tonnen Gewicht erreicht. Auch dieser Belastungstest ist gut gelaufen«, erklärte Derek Clark.
Zeitgleich sind die Mitarbeiter von Strothmann dabei, die Rundschienen in der Produktionshalle in Siegen zu verlegen. Das soll in dieser Wochen erledigt sein. Nach Firmenangaben ist das Besondere des Transportsystems, dass die Wagen auf den Schienen nicht nur geradeaus fahren können, sondern im Karree. Dazu tragen hydraulisch gesteuerte Kreuzfahrwerke bei. Angetrieben werden die Wagen von Elektromotoren. »Die Energiezufuhr erfolgt induktiv, also berührungslos, über Linienleiterkabel im Betonboden«, beschreibt Diplomingenieur Peter Zimmermann von der Firma Kleinknecht aus Siegen das System. Die Firma baut die Steuerung für das Transportsystem und die Anbindung an die Schweißmaschinen. Eine besondere Herausforderung sei die kontaktlose Energieübertragung, die Positionserkennung der einzelnen Wagen und der Datenaustausch der einzelnen Wagen über WLAN-Netze (Funk) gewesen.
»Ein Transportsystem in dieser Form haben wir so noch nicht gebaut«, betont Clark. Entsprechend lang waren auch die Vorarbeiten. So vergingen etwa 1,5 Jahre von der ersten Kontaktaufnahme durch die Firma Bergrohr bis zur Auftragserteilung im Dezember 2005. Nach und nach sollen die 40 Wagen geliefert werden, die bis zu 30 Meter in der Minuten fahren können. Wird geschweißt, geht es mit einem Meter pro Minute vorwärts.
Das Schloß Holte-Stukenbrocker Unternehmen erwirtschaftete 2004 einem Umsatz von rund zwölf Millionen Euro, 2005 waren es »durch verschobene Auftragseingänge nur neun Millionen«, so Prokurist Clark. 2006 sei man wieder in normales Fahrwasser geraten mit einem erwarteten Umsatz von bis zu zwölf Millionen Euro. Die Wilfried Strothmann GmbH bietet seit mehr als 25 Jahren Speziallösungen im Maschinenbau und Handhabungstechnik an und ist eine 100-prozentige Tochter der Siempelkamp-Gruppe. Um auch für die Zukunft gut aufgestellt zu sein, bildet das Unternehmen auch aus. Ausbildungsleiter Waldemar Rohrandt kümmert sich derzeit um vier Auszubildende. Sie werden Feinwerkmechaniker in der Fachrichtung Maschinenbau. Ab August werden zwei neue Auszubildende eingestellt.

Artikel vom 17.05.2006