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Opfer bricht weinend zusammen

Vergewaltigungsprozess: Tumultartige Szenen im Amtsgericht

Hiddenhausen/Herford (cl). Dramatische Szenen spielten sich gestern nachmittag vor Saal 309 im Herforder Amtsgericht ab. Dagegen sind Prozesse bei Barbara Salesch und ihren Privat-TV-Kollegen Trappistenveranstaltungen. Es ging um die Fortsetzung des Vergewaltigungsprozesses (das HERFORDER KREISBLATT berichtete) aus der Vorwoche.

Während der Urteilsberatung drohte der Angeklagte Ali O. (40) der Familie des damals 17-jährigen Opfers an, sie nach seiner Haftstrafe umzubringen, wenn sie nicht sofort die Anzeige zurückzieht. Dies nützt nebenbei einem Verbrecher gar nicht, da die Drohung von Amts wegen weiter verfolgt würde.
Darauf brach das Opfer Sibel M. (beide Namen geändert) weinend zusammen und der erste Notarztwagen musste gerufen werden. Nach der Urteilverkündung - drei Jahre Haftstrafe - brach die Ehefrau des Angeklagten schreiend zusammen und musste ebenfalls ins Krankenhaus transportiert werden.
Drei Notarztwagen mit Besatzung waren im Einsatz, alle sonstigen Prozessbeteiligten mussten lange im Saal ausharren, bis die turbulente Stituation durch medizinische Spritzen beruhigt worden war.
Rechtsanwalt Mathias Steuer, der Vertreter des Opfers, fuhr anschließend mit seinen Mandanten zur Polizei, um Strafanzeige wegen der Bedrohung zu erstatten. Staatsanwalt Oliver Brendel beantragt heute einen sofortigen Haftbefehl gegen Ali O., der einem gewalttätigen Racheakt vorbeugen soll. Leid tun musste jedem der zehnjährige Sohn des Angeklagten, der mit den Eltern aus München angereist war, zuerst den dramatischen und lautstarken Kollaps der Mutter hautnah miterlebte, dann zum Vater in den Saal auf die Anklagebank kam, wo es ruhiger zuging.
Die Ehefrau und Mutter hat sich trotz aller Warnungen ein eigenes Strafverfahren wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht eingehandelt. Die Kindergärtnerin behauptete völlig sinnlos, sie habe der jungen Frau die glühenden SMS mit Liebesbeteuerungen geschickt, um auf diese Weise den Kontakt abzubrechen (»Dich wird nur der Tod von mir trennen!«) und ähnliches in »typisch schwülstiger theatralischer Ausdrucksweise, um die Frau zu besitzen«, so der Vorsitzende Richter Bernd Kahre. Sibel M. hatte immer wieder stereotyp geantwortet, er solle sie endlich in Ruhe lassen.
Die Tat am Abend des 30. November 2004 im Haus der Tante in Hiddenhausen bekam ein besonderes Gewicht, als eine Vorstrafe von Ali O. verlesen wurde: Er war am 25. April 1996 vom Landgericht Landshut wegen zwei Fällen von sexueller Nötigung gegenüber 17- und 18-jährigen Mädchen zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden, die er auch voll verbüßen musste.
Zu den Tatzeiten war er übrigens auch schon drei Jahre lang mit seiner jetzigen Ehefrau verheiratet gewesen. Diese hatte im Rahmen des aktuellen Verfahrens zwischendurch schon einmal die Scheidung eingereicht und Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen ihren Gatten erstattet. Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit - wenn sie sich jetzt scheiden lässt, wird Ali O. in die Türkei abgeschoben.

Artikel vom 17.05.2006