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Bio-Park im Zwiespalt der Gefühle

Regierung bietet sogar Vertrag an: Kein Nationalpark durch die Hintertür

Von Karl Pickhardt (Text und Foto)
Kreis Paderborn/Bad Lippspringe (WV). Garantie-Erklärung der Landesregierung: Ein geplantes Biosphärenreservat in der Egge kann auch nach einem Regierungswechsel nicht zum Nationalpark werden. Das Umweltministerium ist zu einem Vertrag mit dem Kreis Paderborn bereit, um damit einen Egge-Nationalpark durch die Hintertür auf Dauer auszuschließen.

Dieses Angebot hat jetzt Staatssekretär Dr. Alexander Schink dem Paderborner Landrat Manfred Müller vor etwa 200 Besuchern einer Informationsveranstaltung im Bad Lippspringer Kongresshaus zum Thema »Bio-Park« in der Egge unterbreitet. Schink reagiert damit auf immer wieder geäußerte Befürchtungen vor allem aus der Land- und Holzwirtschaft, dass ein Bio-Park möglicherweise nur eine Vorstufe zu einem Nationalpark mit wesentlich strengeren Auflagen sei.
In Bad Lippspringe unternahm das Umweltministerium mit Staatssekretär Schink einen erneuten Anlauf, Vorbehalte im Paderborner Land gegen einen Bio-Park auszuräumen. Schink ist bereit, das landwirtschaftlich intensiv genutzte Soratfeld (dort drehen sich allerdings auch viele Windmühlen) bei Lichtenau mit 2360 Hektar herauszunehmen und somit den geplanten Egge-Bio-Park in den Kreisen Paderborn, Höxter und Lippe von jetzt 88 000 auf etwa 86 000 Hektar zu reduzieren.
Schink bekräftigte, dass Kern- und Pflegezonen des Bio-Parks allein im Staatswald ausgewiesen werden sollen. Solche Zonen dürfen als besondere Schutzräume nicht bewirtschaftet werden. Keine einzige private Fläche unterliege einer wirtschaftlichen Einschränkung. »Für private Eigentümer gibt es keine zusätzlichen Nutzungsbeschränkungen«, versicherte der Staatssekretär. Hauptwanderwege blieben auch weiterhin uneingeschränkt geöffnet. Vom jährlichen Egge-Holzeinschlag von 565 000 Festmetern würden allenfalls 15 000 Festmeter in der Kernzone im landeseigenen Staatswald herausgenommen Dort sei der Holzeinschlag ohnehin unwirtschaftlich, weil er mit zu hohen Kosten verbunden sei.
Schink bezifferte die jährlichen Verwaltungs- und Personalkosten auf maximal 400 000 Euro. Sollte die Verwaltung im Forstamt angesiedelt werden, übernehme das Land alle Kosten. Falls Naturpark Eggegebirge und südlicher Teutoburger Wald Träger seien, schieße das Land 80 Prozent hinzu.
In seinem einstündigen Vortrag räumte Schink allerdings auch ein, dass es keine besonderen Fördertöpfe des Landes für einen Bio-Park Egge gebe. Ein Bio-Park sei ein Gütesiegel und eröffne neue Vermarktungschancen im Paderborner Tourismus und im Gesundheitswesen. Letztendlich komme es jedoch auf die Region an, was sie aus einem Bio-Park mache.
Schink erneuerte Beteuerungen von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU), den Plan nicht gegen den Willen der Region durchsetzen zu wollen. Deshalb habe Uhlenberg ja auch die Nationalparkpläne für Senne und Egge aufgegeben.
Von den etwa 25 Wortmeldungen lehnten die meisten Stimmen im Kongresshaus Bad Lippspringe einen Bio-Park ab. Für die Landwirtschaft sehen Kreisvorsitzender Heinz Westkämper (Sande) und Kreislandwirt Johannes Giesguth (Haaren) keine Vorteile. Die Landwirtschaft setze vielmehr auf neue Erwerbszweige zur Energiegewinnung mit Biogas, Rapsölproduktion oder auch Getreideverbrennung. Dafür seien entsprechende Flächen erforderlich, die möglicherweise bei einer Bio-Park-Umgebung verloren gingen. Sägewerksbesitzer wie Unternehmer Künsting aus Haaren sehen ihre Existenz bedroht, wenn viele tausend Festmeter Holzeinschlag vor der Egge-Haustür Jahr für Jahr entfielen. CDU-Mittelstands-Kreisvorsitzender Friedhelm Koch (Paderborn) bleibt argwöhnisch, welchen Nutzen ein Biosphärenreservat dem Paderborner Land bringe: »Warum soll ich Geld, das ich nicht habe, für etwas ausgeben, das nichts verändert?«. Koch glaubt sogar, dass ein Bio-Park dem wirtschaftsstarken Paderborner Raum das Image von Hinterwäldlern verleihen könne.
Der Paderborner Kreisumweltausschuss will am 23. Mai, der Kreistag vermutlich im Juni vor den Sommerferien ein Votum der Region zum Bio-Park abgegeben Nach der Sommerpause entscheidet dann der Minister.

Artikel vom 17.05.2006