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Schuluniform: Die meisten Rektoren
beurteilen »Gleichmacherei« kritisch

Goerdeler-Gymnasium befragt Eltern und Schüler - Mittel gegen die »Bauchfrei-Mode«?

Von Manfred Stienecke
und Matthias Reike
Kreis Paderborn (WV). Die aufgeworfene Debatte um die Einführung von einheitlicher Schulkleidung findet im Kreis Paderborn ein unterschiedliches Echo. Einen konkreten Vorstoß plant derzeit aber niemand.

»Ich persönlich wäre sehr dafür«, hält die Schulleiterin der Städtischen Realschule in Büren, Marie-Luise Reinicke, die Schuluniform für ein probates Mittel, den ausufernden Modetrends entgegenzutreten. »Es ist ja schon unästhetisch, wie manche Schülerinnen angezogen sind«, weiß sie aus eigener Erfahrung. »Die kommen mit Trägerhemdchen, bauchfreien T-Shirts und Nabel-Piercings in den Unterricht. Eine Schuluniform wäre da eine tolle Sache.« Auch ihr Kollege von der Paderborner Von-Fürstenberg-Realschule, Reinold Grull, sieht durchaus Vorteile in einer einheitlichen Schüler-Garderobe: »Soziale Unterschiede würden dann vermieden, und es gäbe keine 'Aldi-' Schüler' mehr.«
Dass man mit einheitlicher Schulkleidung Mode-Eskapaden oder dem Gruppenzwang zu teuren Marken-Klamotten Einhalt gebieten kann, bezweifelt dagegen der Leiter des Gymnasiums Schloß Neuhaus, Bernhard Gödde. »Das ist eine Frage der Erziehung. Durch Uniformen kann man keine tiefgreifenden Probleme lösen«, vermag ihn auch das Argument nicht zu überzeugen, eine einheitliche Kleidung erleichtere die Integration von sozial Schwächeren oder kulturellen Minderheiten.
Kaum jemand kann das besser beurteilen als Bärbel Maiwald. Die Rektorin der Grundschule am Kaukenberg hat tagtäglich mit den Kindern von Migranten aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern zu tun. »Wir haben bei uns überhaupt keinen Marken-Stress«, geht für sie die Diskussion am eigentlichen Kern des Problems vorbei. »Wir sind schon froh, wenn unsere Kinder ordentlich und sauber gekleidet zum Unterricht erscheinen«, so Maiwald. Zusätzliche Kosten für eine Schuluniform seien den Eltern nicht zuzumuten.
Josef Schotten, Schulleiter am Förderzentrum der Bonifatiusschule, sieht die Sache ganz ähnlich. »Schuluniformen sind für uns überhaupt keine Thema.« Marken-Kleidung sei an dieser Einrichtung, die ausschließlich von Migrantenkindern besucht wird, kein Problem.
Erfahrungen mit Schuluniformen haben in Paderborn nur die beiden Schulen für die Angehörigen der britischen Streitkräfte. Die Kinder der Soldatenfamilien tragen ganz selbstverständlich Einheitskleidung, wenn sie zur Schule gehen - so wie es Tradition im britischen Königreich ist.
Ulrich Bender, Englischlehrer an der Städtischen Realschule in Büren, hat diese britische Tradition in seiner Klasse schon zwei Mal ausprobiert. Für jeweils eine Woche haben seine Schüler Uniformen nach englischem Muster getragen. Die Jungen saßen mit weißem Hemd und dunkler langer Hose, die Mädchen mit weißer Bluse, dunklem Rock und Kniestrümpfen in der Schulbank. Alle mussten dazu eine gestreifte Krawatte und einen dunklen Pullover tragen, auf den ein selbst gefertigtes Schulabzeichen genäht war.
»Den Schülern hat die Woche Spaß gemacht«, erinnert sich Bender noch gut an die befristeten Aktionen. Es habe aber auch Probleme gegeben mit der ungewohnten Garderobe. So seien vor allem die Mädchen in ihren Röcken von Mitschülern aus anderen Klassen geneckt oder sogar »angemacht« worden. Dennoch sei das Projekt für alle Beteiligten eine wertvolle Erfahrung gewesen. Ein Vorbild für deutsche Schulen könne das britische Uniform-Modell aber sicher nicht sein. »Das wäre in Deutschland nicht durchsetzbar«, so Bender. »Wenn überhaupt, dann könnte nur das Tragen von einheitlichen Pullovern oder T-Shirts angeordnet werden.«
Am Paderborner Goerdeler-Gymnasium will Schulleiter Dr. Günter Wortmann in den nächsten Wochen Kollegen, Schüler und Eltern gezielt auf dieses Thema ansprechen. »Persönlich wäre ich durchaus dafür, wenn einheitliche Kleidung getragen würde«, so der Gymnasialleiter. »Schuluniformen wären sicher hilfreich für das Wir-Gefühl.«
Auch der Leiter der Hauptschule am Niesenteich, Ulrich Deters, könnte sich eine einheitliche Schüler-Garderobe vorstellen. Mit der erwarteten Umstellung auf den Ganztagsbetrieb und einer neuen Namensgebung könne auch das Thema Schuluniform am Niesenteich eine Rolle spielen. Ein von Deters in der gemeinsamen Konferenz der heimischen Hauptschulrektoren vorgenommener Vorstoß wurde aber eher zurückhaltend aufgenommen. »Die meisten Kollegen«, so Deters, »sehen hier keinen Handlungsbedarf.«

Artikel vom 17.05.2006