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Alter Dorfmittelpunkt
wird zu Neubaugebiet

Gebäude-Leerstand: Bleiwäscher Kreis sucht Lösungen

Von Hanne Reimer (Text und Foto)
Bleiwäsche (WV). Dieses Bild ist auch in vielen Orten des Altkreises Büren weit verbreitet: An den Rändern des Dorfes finden sich Neubausiedlungen, dicht bebaut mit relativ kleinen Grundstücken, im Ortskern stehen alte Bauernhäuser und Scheunen leer, eine neue Nutzung ist nicht in Sicht.

Wie sich das künftig ändern lassen könnte, darüber diskutierten bis zum gestrigen Dienstag in Bleiwäsche Wissenschaftler, Mitarbeiter von Ministerien oder Kommunen sowie weitere Experten aus verschiedenen Wissensgebieten, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Anlass war das 15. Essener Dorfsymposium, zu dem der Fürstenberger Wissenschaftler Professor Dr. Gerhard Henkel (Universität Essen) zu einer zweitägigen Tagung ins Landhotel Waldwinkel eingeladen hatte.
Im Turnus von zwei Jahren kommt der interdisziplinäre »Bleiwäscher Kreis« zusammen, um sich mit ganz unterschiedlichen Themen rund um die Entwicklung deutscher Dörfer zu beschäftigen. »Leerstand von Gebäuden - Beginn der Dorfauflösung oder Chancen durch Umnutzung«, so lautete diesmal das Thema.
Eine Antwort auf die Frage, wie es gelingen könnte, alte leerstehende Gebäude wieder zu nutzen und so das Dorf lebendig zu halten, könnte der Slogan liefern: »Unser Neubaugebiet ist der Ortskern«. Der Grundgedanke: Statt Neubaugebiete im Außenbereich, an den Rändern der Dörfer neu auszuweisen, könnten Kommunen, das Geld anders einsetzen. Und zwar, indem sie Menschen oder Organisationen finanziell unterstützen, die alte Gebäude modernisieren und wieder bewohnen möchten.
Darauf setzt auch das Baden-Württembergische Programm MELAP, das Ministeriums-Mitarbeiter Martin Baumgartner und Bürgermeister Peter Fox gestern in Bleiwäsche vorstellten.
Den Anstoß für das »Modellprojekt Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch Aktivierung des innerörtlichen Potenzials«, dafür steht die Abkürzung, gab übrigens nicht in erster Linie die Sorge um die Dorfentwicklung, sondern die um die Ökologie. Denn ein wichtiges Ziel bei der Schaffung des Förderprogramms war es, der Natur und der Landwirtschaft möglichst wenig Fläche zu entziehen - und statt dessen schon bestehende Gebäude umzunutzen.
Möglicherweise ein Gedanke, der sich auch auf heimische Kommunen übertragen lässt. Allerdings mahnte Professor Henkel dazu, Projekte nicht »schablonenartig« von einem Ort auf einen anderen zu übertragen. So gehörten beispielsweise Gärten, Obstwiesen und freie Flächen in Westfalen zum Dorfbild dazu, während in anderen Bundesländern eine viel dichtere Bebauung üblich sei. Solche regionalen Besonderheiten müssten unbedingt beachtet werden.

Artikel vom 17.05.2006