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Mehr als eine Million Mahlzeiten

Hans-Otto Pilz feiert sein 25-jähriges Dienstjubiläum in Schloss Haldem

Von Paul Bosse
Haldem (WB). Hans-Otto Pilz feierte sein 25-jähriges Dienstjubiläum als Koch der Westfälischen Klinik Schloss Haldem.

Weltmeisterschaft 1982: Hans-Otto Pilz sieht im Fernsehen das Spiel zwischen Deutschland und Brasilien. Er findet Zerstreuung darin und den nötigen Abstand zu seiner Arbeit im elterlichen Betrieb in Levern, der bis heute als renommiertes Hotel und Gaststätte bekannt ist. Frau und Kind sieht er viel zu selten. Auch in der Leverner Gastronomie findet zu dieser Zeit ein Umbruch statt, immer weniger Kurgäste kommen in den schönen Ort. Über Bekannte erfährt er, dass eben dieser Landschaftsverband in der neu gebauten Hauptküche der Klinik in Haldem einen Koch sucht. Sein Interesse an einem neuen Job hält sich allerdings in Grenzen, weil damit ständiges frühes Aufstehen um fünf Uhr verbunden ist.
Während des Brasilienspiels aber schreibt seine Frau eine Bewerbung. Kurzerhand wird sie nach dem Spiel abgeschickt und Hans-Otto Pilz findet sich kurze Zeit später in einem Vorstellungsgespräch mit dem damaligen Klinikleiter Dr. Spooner, dem Verwaltungsleiter Wilhelm Voß und dem Küchenchef Harald Puppe wieder.
Man wird sich einig und am 1. August 1982 soll der erste Arbeitstag sein. Dazu kommt es aber wegen eines bereits geplanten Urlaubs nicht und der erste Arbeitstag wird auf den 16. August festgelegt.
In der modernen Großküche sind damals zehn Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte beschäftigt, vier Patienten sorgen für Vorbereitung der Lebensmittel und sauberes Geschirr. Auch zwei Lehrlinge werden ausgebildet. Gekocht wird für 240 Patienten und viele Mitarbeiter.
Heute freut Pilz sich darüber, dass seine Frau 1982 nicht leidenschaftlich am Spielgeschehen teilnahm, sondern die Weichen für seine und die Zukunft der Familie gestellt hat.
In Großküchen sieht die Situation besser aus, als in der etablierten Gastronomie. Hier ist allerdings auch längerfristige Planung gefragt, wenn neben den 150 Essen für die Klinik noch weitere hundert für ein Altenheim, eine Einrichtung für betreutes Wohnen und »mobicar«, dem bekannten »Essen auf Rädern« zeitgenau vorbereitet werden müssen.
Vor einigen Jahren stand die Leistungsfähigkeit der Küche auf dem Prüfstand. Die Firma Ernst & Joung überprüfte die Rentabilität. Man redete von Outsourcing. Der Klinikleitung und dem Küchenteam gelang es aber, durch Einsparungen und verbesserte Arbeitsabläufe die Ausgliederung zu verhindern. Inzwischen sind noch vier Voll- und vier Teilzeitkräfte nebst einigen Patienten im Küchenbetrieb tätig.
Hans-Otto Pilz outet sich als Freund fortschrittlicher Küchentechnik. Die Fleischzubereitung ist sein Steckenpferd. Ganz besonders schätzt er die Konvektomaten und schwärmt davon, dass mittels Knopfdruck und Zeitschaltuhr jeder Braten mit ihrer Hilfe gelingt und, falls nötig, ohne Qualitätsverlust bis zu zwölf Stunden warm gehalten werden kann. Gar nicht mag er hingegen in der »warmen Küche« den Einsatz von all zu viel Zucker. Obwohl - und das ist eigentlich ein Widerspruch in sich, wie er gern zugibt - seine ganz persönlichen Leibspeisen wie Torten, Eis und Dessert reichlich davon enthalten.
Auch die elektronische Datenverarbeitung schätzt der stellvertretende Küchenchef sehr. Er gestaltet damit Speisepläne, dokumentiert und regelt den Einkauf über das Internet. Ganz ausgereift erscheint ihm letzteres allerdings noch nicht.
Überschattet wird sein Dienstjubiläum durch die am 11. Mai in der Klinik vorgestellten Einsparpläne des Landes NRW (wir berichteten in der Dienstag-Ausgabe). Danach soll in erheblichem Umfang gekürzt werden, alle befristeten Verträge laufen aus, alle Arbeitsbereiche müssen massiv sparen. Pilz hat in den vielen Jahren seiner Tätigkeit schon zahlreiche Auf- und Abwärtsbewegungen miterlebt. Deshalb kommentiert er diese Entwicklung mit einem knappen: »Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«

Artikel vom 17.05.2006