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Tolle Kampfszenen
und viel Romantik

Historienfilm spielt im englischen Mittelalter

Klassikfans seien gewarnt: Auch wenn das neue Epos von Kevin Reynolds mit über zwei Stunden Laufzeit Wagnerianischen Dimensionen nahe kommt - »Tristan und Isolde« ist kein Opernfilm!

Stattdessen werden die Zuschauer in bester Unterhaltungs-Manier in eine Zeit entführt, in die sich - mit Ausnahme vielleicht von ein paar kampflustigen Recken - wohl niemand mehr zurücksehnt. Allein die Liebe im zumeist eher düsteren Mittelalter leuchtet hell und romantisch.
Der Film setzt ein im frühmittelalterlichen Britannien kurz nach dem endgültigen Abzug der Römer. Die englischen Stämme sind verfeindet und werden allesamt von den Iren unter König Donnchadh bedroht. Tristan (James Franco), dessen Eltern im Kampf gegen die Iren fielen, wächst bei seinem Retter Lord Marke, dem Clanführer Cornwalls, zu einem geschickten Kämpfer heran.
Tristans List ist es zu verdanken, dass ein neuerlicher Angriff der Iren abgewehrt werden kann. Aber ein vergiftetes Schwert versetzt den jungen Kämpfer ins Koma. Der Totgeglaubte wird auf einem Boot dem Meer übergeben, das ihn sanft an die Küste Irlands und direkt in die Arme der Königstochter Isolde schaukelt. Deren unorthodoxe Physiotherapie weckt bei beiden die Leidenschaft.
Leider verrät Isolde ihrem Tristan nicht, wer sie ist, und schickt ihn in dem Glauben, ihn nie wiederzusehen, nach Cornwall zurück. Doch Tristan kehrt zurück, zu einem Ritterturnier mit Isolde als Hauptpreis. Er ahnt nicht, wen er da für seinen geliebten Ziehvater Marke als Braut erstreiten wird. Das traurige Schicksal nimmt seinen Lauf.
Regisseur Reynolds hat mit »Robin Hood« und »Monte Cristo« bereits bewiesen, dass er historische Abenteuer gut in Szene setzen kann. Diesmal hat er auf Superstarpower verzichtet, was die Zeitreise viel glaubwürdiger macht.
Das Schauspielerensemble ist durchweg gut, und Sophia Myles gibt der Isolde eine zarte, engelhafte und zugleich kraftvolle Identität. Man nimmt ihr die Leidenschaft ab, mit der sie übrigens ein Gedicht zitiert, das erst Jahrhunderte später geschrieben wurde.
Einzig James Franco enttäuscht trotz guter Kampfszenen als Tristan. Für dessen innere Zerrissenheit hat er nur eine standardisierte Miene zur Verfügung. Tristans Tristesse gerät ihm - unterstützt von der wohlondulierten Haarpracht - eher zum Calvin-Klein-Werbespot.
Ausstattung und Kostüme sind wundervoll, die Kamera von Arthur Reinhart bietet reichlich Schönes fürs Auge, und Anne Dudleys Musik möchte man sofort auf CD mit nach Hause nehmen. Und so machen nicht zuletzt die guten Kampfszenen und reichlich Romantik den Abenteuer-Film zu einem perfekten Auftakt für einen erlebnisreichen Abend zu Zweit, bei dem die entsprechend eingestimmten Kino-Besucher ganz sicher auf ihre Kosten kommen werden.
Cineplex/Kinoplex.de

Artikel vom 18.05.2006