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Bürgermeister zahlt
für Rathaus-Berichte

Kritiker ärgern sich über »Wessel-Sprachrohr«

Von Karl Pickhardt
Altenbeken (WV). Darf ein Bürgermeister mit Steuergeldern bei einem privaten Zeitungsunternehmen regelmäßig Seiten für Rathaus-Berichte kaufen?

Diese Frage stellen sich in Altenbeken nicht nur CDU-Mitglieder seit bekannt geworden ist, dass Bürgermeister Hans Jürgen Wessels (SPD) jährlich 2400 Euro aus der Gemeindekasse an ein Zeitungsunternehmen in Troisdorf zahlt. Dafür darf Wessels in jeder Ausgabe des Lokalblättchen zwei Seiten nach seinem Gutdünken mit Rathaus-Berichten füllen.
Kritiker sprechen von einem mit Steuergeldern bezahltem Sprachrohr des Bürgermeisters. Mit der Angelegenheit hat sich inzwischen offenbar auch der Rechnungsprüfungsausschuss hinter verschlossenen Türen in Altenbeken befasst. Dessen Vorsitzender Franz Bendfeld (62, CDU) will den Prüfbericht jedoch erst dem Gemeinderat vorlegen und dann in der Öffentlichkeit Stellung beziehen. Die meisten Ratsmitglieder haben angeblich erst im März im Gemeinderat von dem Vertrag mit dem Verlagshaus in Troisdorf erfahren.
Bürgermeister Wessels (50) wies am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung Vorwürfe zurück, er subventioniere aus dem Steuertopf Publikationen eines Privatunternehmens. »Andere Gemeinden wie Borchen geben gar ein eigenes Mitteilungsblatt für jeden Haushalt heraus«, sagte Wessels: Da komme Altenbeken mit 200 Euro monatlich günstiger weg. Es sei schließlich Aufgabe der Gemeinde, Bürger zu informieren. Wessels denkt nach zunächst ausgesprochener Kündigung zum Jahresende daher sogar über eine Vertragsverlängerung mit dem rheinländischen Verlagshaus in Troisdorf nach.
In Altenbeken sorgt außerdem ein Schreiben des Bürgermeisters an alle örtlichen Unternehmer für Kritik, in dem Wessels als Anzeigenwerber auftritt. Der Bürgermeister ruft die Unternehmer zur Anzeigenaufgabe auf und nennt Amtsleiterin Marion Renner im Rathaus als Ansprechpartnerin für Vereine und Verbände.
Getroffen fühlen sich auch Heimatpfleger und Chronisten in Altenbeken, die bisher in der Postille Berichte über Heimatgeschichte veröffentlichten. Die sind als »olle Kamellen« dem Bürgermeister ein Dorn im Auge. Jetzt soll Amtsleiterin Renner und nicht mehr die Heimatpfleger die Fäden in der Hand halten. Die Heimatpfleger sehen das Ehrenamt getroffen.

Artikel vom 13.05.2006