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»Klassische« Schuluniform ist kein Thema

Schulen setzen andere Prioritäten

Von Sandra Knefel
Bünde (BZ). Bundesbildungsministerin Annette Schavan zeigte Sympathie für die Einführung von Schuluniformen, die Justizministerin Brigitte Zypries angeregt hatte. Eine Debatte über das Für und Wider der Uniformierung war die Folge. Die BÜNDER ZEITUNG fragte bei den weiterführenden Schulen nach: Kann gemeinschaftliche Kleidung zum entspannten Zusammenleben beitragen und Symptome der Diskriminierung lindern, wie es in der SPD-Bundestagsfraktion hieß?

Das Stichwort an Bündes Schulen heißt »gemeinschaftliches Identitätsgefühl« - dies sei durch einheitliche Kleidung herstellbar, so die einhellige Meinung der Schulleiter.
Einen Vorstoß hat es bereits vor zwei Jahren am Freiherr-vom- Stein-Gymnasium gegeben. T-Shirts mit Schullogo wurden angeschafft und stoßen bei Schülern und Lehren auf große Resonanz. »Der Gedanke wurde am »Runden Tisch« - einem Gesprächskreis aus Schülern, Lehrern und Eltern - entwickelt«, erklärt Schulleiterin Dr. Claudia Langer. Für sie ist diese Kleidung - auf freiwilliger Basis - ein Ausdruck der Identifikation mit der Schule, die nach Außen demonstriert wird. Ein »Mittelweg«, mit dem alle glücklich, stolz und zufrieden seien. »Der Gedanken an eine klassische Schuluniform hat in unserer Arbeit keine Priorität«, so Langer. Pädagogische Inhalte und der Ausbau einzelner Fächer stehen an erster Stelle. Das Kleidungs-Sortiment soll bald durch Kapuzenshirts und -jacken erweitert werden.
Auch Klaus Schröder, Leiter der Realschule Nord, hält die Anschaffung von T-Shirts für sinnvoll. Schüler eines Ethikkurses der zehnten Klasse hätten ihn beim Diskurs über das aktuelle Thema Schuluniform überrascht: Die meisten würden einheitliche Kleidung begrüßen und halten sie für eine »großartige Idee«, so Schröder. Man wisse dann wenigsten immer, was man anziehen solle, so die Meinung. »Solche Kleidung bringt viele Vorteile: Sie kann das Identifikations- und Zusammengengehörigkeitsgefühl stärken und auch dem Konkurrenzdenken unter den Schülern entgegenwirken, gerade im Hinblick auf den ÝMarkenwahnÜ«. Es gebe eben Schüler, die da nicht mithalten könnten. Eine gemeinsame Kleidung bringe allen gleiche Voraussetzungen, soziale Unterschiede können nicht über das Äußere erschlossen werden. »Zudem würde solche Kleidung - beispielsweise in Form von T-Shirts mit Schullogo - die Zuordnung der Schüler erleichtern: Das ist bei drei großen Schulen auf einem Areal fast unmöglich.« Obwohl die Schüler dankbar für die Einführung wären, sei das Thema Schuluniform noch kein konkreter Diskussionspunkt in den Gremien.
Friedhelm Heckemeier, stellvertretender Schulleiter der Erich-Kästner-Gesamtschule, spricht sich gegen eine »klassische« Schuluniform aus. Sie gehöre einfach nicht zur Tradition im Leben und Arbeiten an deutschen Schulen. Vor dem Hintergrund des Markenfetischismus und der Gewalt, die hier in einigen Milieus auf Schüler einwirke, hält er die Idee einer gemeinsamen Kleidung aber für interessant. Durch ein Schul T-Shirt könnte ein Stück »Corporate Identity« hergestellt werden, gemeinsame Ziele und das Miteinander der Schüler könnten durch ein äußeres Zeichen unterstrichen und gestärkt werden. »Eine Schuluniform nach britischem Vorbild führt aber in die falsche Richtung. Man muss sehr sorgfältig über das Thema nachdenken«, meint Heckemeier.
Auch an der Realschule Mitte ist Schuluniform momentan kein Thema. Vielleicht könne der Markenwahn damit etwas eingedämmt werden, so Schulleiter Horst Selle, doch soziale Probleme löse sie sicher nicht. »Sie behebt keine sozialen Fehlentwicklungen. Das ist Augenwischerei.« Erst wenn sich landesweit eine Tendenz in Richtung Uniform abzeichne, werde man darüber nachdenken.
An der Hauptschule ist das Thema einheitliche Kleidung - nicht die klassische Uniform - bereits seit einem Jahr im Gespräch, wie Schulleiterin Brigitte Lubitz mitteilt. Auch an dieser Schule geht es bei den Überlegungen vordergründig um die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und der »Corporte Identity«, denn »den so genannten Markenwahn haben wir unter unseren Schülern nicht festgestellt«, betont Lubitz. Bevor beispielsweise Schul-T-Shirts angeschafft werden können, müssen Gespräche in Mitwirkungsgremien stattfinden.
Das Gymnasium am Markt hat das Thema ebenfalls nicht ins Auge gefasst. »Die Uniform soll laut Annette Schavan Probleme lösen, die es bei uns nicht gibt«, so Schulleiter Bernhard Herrich. Er hält einheitliche Kleidung im Hinblick auf die so mögliche Reduzierung des Modebewusstsein für sinnvoll, doch wichtiger als die Frage der Schülerkleidung sei die Stärkung der Leistungsfähigkeit.

Artikel vom 17.05.2006