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Ohne Dolch und Butterflymesser

19-Jähriger probeweise eingesperrt

Bad Oeynhausen (tho). In seinem Leben ist vieles anders gelaufen als bei anderen. Besonders im vergangenen Jahr. Da beging der 19-Jährige eine Straftat nach der nächsten. Nun bekommt er, so stellt man sich's zumindest beim Amtsgericht vor, einen Schuss vor den Bug.

Die Staatsanwaltschaft hatte einiges zusammengetragen, was sie dem Bad Oeynhausener am Mittwochnachmittag vorhielt. Zwischen Mai 2005 und Januar 2006 sollte der heute 19-Jährige gestohlen haben, zwei Kinder mit einer Waffe genötigt, fünfmal betrogen, eine Postsendung unterschlagen und ein Fahrrad gestohlen.
Was zunächst nach einem unbelehrbaren Serientäter klang, entpuppte sich bei näherer Betrachtung dann »nur« als Heranwachsender aus schwierigen Verhältnissen auf der schiefen Bahn.
Der Diebstahl von DVDs und Computerspielen im Mai 2005 aus einer Obdachlosenunterkunft in Hiddenhausen-Schweicheln wurde von Richter und Staatsanwalt als nicht beweisbar eingestuft. Die Nötigung zweier Kinder im Juli 2005 an der Sielallee (»Bewegt eure Kadaver hier weg, sonst mache ich Entenfutter aus euch!«) bestritt der Angeklagte. Dass er an diesem Tag dort mit einem selbst gemachten Dolch und einem Butterflymesser herumgespielt habe, räumte er jedoch ein. Das Gericht erkannte auf Verstoß gegen das Waffengesetz. Dagegen, dass das Messer und der Dolch vernichtet werden, hatte der 19-Jährige nichts.
Komplett geständig zeigte er sich beim Lastschriftbetrug in fünf Fällen im Juni 2005, als er mit der EC-Karte einkaufte, ohne Geld auf dem Konto zu haben. Zwischen 20 und 80 Euro hatten die Rechnungssummen ausgemacht.
Eine Sim-Karte für einen Nachbarn wollte der Angeklagte dagegen im November 2005 nicht aus der Post gefischt haben. Dieser Vorwurf wäre zwar womöglich durch die Aussage des Paketboten beweisbar gewesen. Doch der Zeuge hatte kurzfristig abgesagt. Aufwand und Nutzen, hier trotzdem noch eine Verurteilung zu erzielen, sah das Gericht nicht in einem annehmbaren Verhältnis.
Auch der vermeintliche Fahrraddiebstahl im Januar 2006 schrumpfte auf eine so genannte Gebrauchsanmaßung zusammen. Denn der Angeklagte sagte aus, eine Vermieterin habe ihm gestattet, das Fahrrad eines Nachbarn für eine fahrt zu benutzen.
Schließlich verhängte Richter Dr. Eisberg einen zweimaligen Freizeitarrest übers Wochenende. Den jungen Mann dauerhaft einzusperren, verwarf er, weil er ihm nicht die Chance nehmen wollte, jetzt endlich seinen Hauptschulabschluss nachzuholen.

Artikel vom 11.05.2006