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Offen bleiben für Veränderungen

Eine neue Schule geschaffen: Dr. Helmut Heinze verlässt nach 19 Jahren das WGV

Von Jürgen Gebhard (Text)
und Oliver Schwabe (Foto)
Vlotho (VZ). In 19 Jahren hat Dr. Helmut Heinze das Weser-Gymnasium verändert. Er hat eine beschauliche Lehranstalt in der ostwestfälischen Provinz in eine vorzeigbare und hoch angesehene Schule mit einem exzellenten Ruf verwandelt. Zum Schuljahresende geht Dr. Helmut Heinze 62-jährig in den Ruhestand. Sein Lebenswerk weiß er in guten Händen: Sein Nachfolger Jörg Twele war sein Wunschkandidat. Und was mindestens genauso wichtig ist: Das Kollegium, die Eltern und die Schüler stehen hinter seinen Grundsätzen.

Die hatte Dr. Helmut Heinze bereits vor Beginn seiner Arbeit am 18. August 1987 in einem TAGEBLATT-Bericht so formuliert: »Schule darf sich nicht auf Organisation und Verwaltung erstrecken. Für mich ist die pädagogische Arbeit besonders wichtig.« Und daraus folgend die Schulentwicklung. Dr. Helmut Heinze hat das Weser-Gymnasium geöffnet und für die Zukunft fit gemacht.
»Visionen von Schule« hieß das Thema der allerersten internen Lehrerfortbildung. Sie fand 1989 statt und legte den Grundstein für das Schulprogramm. Lehrerfortbildungen gehören heute zum Alltag am WGV und Schulentwicklung wird groß geschrieben: »Es geht um die Verbesserung der Qualität von Unterricht, das ist unser Hauptgeschäft«, so formuliert es der bald scheidende Schulleiter.
Unter Dr. Helmut Heinze hat sich das Lehren und das Lernen am Weser-Gymnasium grundlegend verändert. Einige Stichworte: Methoden-Training in den Stufen fünf und elf, Teilnahme am internationalen Känguru-Wettbewerb in Mathematik, Vorlesewettbewerbe, die vor 12 Jahren eingeführten Jahresberichte, Schulkonzerte, Planspiel Börse, ungezählte Erfolge der Sportarbeitsgemeinschaften, Streitschlichter, Busbegleiter, Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern (von der Weserland-Klinik bis zur Universität Bielefeld), Berufswahlvorbereitungen (vom Girl's Day bis zum Praktikum) - und natürlich die Begabtenförderung, bei der sich die besonders leistungsfähigen Schüler während der regulären Unterrichtszeit mit Japanisch oder Astrophysik beschäftigen. »Wer diesen zusätzlichen Stoff lernt, versäumt den normalen Unterricht. Um mitzukommen, muss er zu seinem Nachbarn gehen und ihn fragen. Das fördert das soziale Lernen und verhindert eine Ausgrenzung«, ist Dr. Helmut Heinze von diesem Konzept überzeugt und erklärt: »Diese Art der Begabtenförderung nimmt den anderen Schülern nichts weg.«
Das Weser-Gymnasium hat sich geöffnet, die Schüler bringen sich ein in das gesellschaftliche Leben dieser Stadt und übernehmen auch dort mit Unterstützung ihrer Lehrer Verantwortung. Dr. Helmut Heinze verweist auf die Stolperstein-Aktion zur Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger Vlothos und an den Protest gegen das rechtsextreme Collegium Humanum. »Die Schüler gucken hin, bringen sich ein und zeigen Flagge«, freut er sich.
Nicht nur das Leben in der Schule hat sich unter Dr. Helmut Heinze verändert, auch die Schule selbst ist eine ganz andere geworden. Gemeint sind die Umbauten und Neubauten in den Jahren 2001 bis 2004: die neue Doppelturnhalle, die Musikräume, das Medienzentrum, die Cafeteria, das aufgestockte Hauptgebäude, der renovierte Klassentrakt, die umgestalteten Außenanlagen und die modernen Räume für die Naturwissenschaften. »Das hat Nerven gekostet«, fällt dem Schulleiter sofort ein, und er ergänzt: »Das hat aber auch den Rahmen dafür geschaffen, dass wir hier weiter gekommen sind.«
Die Schlagzeilen um Schimmel in der Schule und den unendlichen Ärger mit dem Architekten verdrängt Dr. Heinze heute am liebsten. Er erinnert an die wöchentlichen Baustellengespräche, an denen von der Landrätin bis hin zu den Schülervertretern alle Beteiligten teilnahmen: »Für mich war es dabei wichtig, dass Eltern, Lehrer und Schüler gemeinsam die Schule geplant haben, die ihren Vorstellungen entspricht.« Ohne den großen Rückhalt im Kollegium hätte er diese Zeit nicht überstanden. Das Durchhalten hat sich gelohnt: 825 Schüler und 65 Pädagogen fühlen sich im Jahr 2006 offensichtlich wohl in dieser in den vergangenen 19 Jahren völlig umgestalteten Schule.
Dr. Helmut Heinze zieht kurz vor seiner offiziellen Verabschiedung am 22. Juni Bilanz: »Ja, ich bin zufrieden mit dem Erreichten. Viele meiner Ziele ließen sich realisieren, Anderes wird sich noch weiter entwickeln.« Das Weser-Gymnasium müsse offen bleiben für Veränderungen, wünscht er sich.
Offen bleiben für Veränderungen: Das hat sich der engagierte Schulleiter auch für seinen Ruhestand vorgenommen: Er möchte endlich Italienisch lernen, will viel reisen und sich in seiner Heimatstadt Minden sozial engagieren.

Artikel vom 13.05.2006