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Ungewöhnliche Karrieren im Kreis

Zwischen Teilen der CDU und Landrat Adenauer gibt es Streit um Personalpolitik

Von Stephan Rechlin
(Text, Foto und Grafiken)
Kreis Gütersloh (WB). Zwischen Landrat Sven-Georg Adenauer und Teilen der CDU-Kreistagsfraktion ist ein Streit über die Nachfolge von Bau- und Umweltdezernent Reinhold Sudbrock ausgebrochen. Der Landrat möchte den Posten intern mit Wirtschaftsförderer Albrecht Pförtner besetzen, die Mehrheit in der CDU-Fraktion wünscht eine offene Ausscheibung.

Reinhold Sudbrock wird zum 31. August kommenden Jahres in den Ruhestand gehen. Der Landrat will die Nachfolge frühzeitig regeln, um eine geordnete Übergabe zu ermöglichen. Denn das Bau- und Umweltdezernat hat es in sich. Zu den Aufgaben, die Sudbrock während seiner Amtszeit bewältigte, zählte unter anderem die Abfallproblematik. Die (umwelt)rechlich höchst komplizierte Materie hatte in den neunziger Jahren zu einem erbitterten Streit um den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Gütersloh geführt. Unter Sudbrocks Leitung wurde das Problem mit dem Bau einer neuen Anlage im Kreis Warendorf und der Gründung gemeinsamer Abfallbeseitigungs-Gesellschaften gelöst. Ferner haben Sudbrock und seine Mitarbeiter an der Kompromisslösung zur A 33 mitgewirkt und an der Planfeststellung zur Autobahnabfahrt an der Marburg.
Teile der CDU-Fraktion wünschen eine offene Ausschreibung, um ein ähnliches »Kaliber« wie Reinhold Sudbrock für diesen Posten zu gewinnen. Sudbrock studierte an der Staatlichen Ingenieurschule für Bauwesen in Siegen und an der Technischen Universität Berlin in den Fachrichtungen Verfahrenstechnik und Hüttenwesen. Berufliche Erfahrung sammelte der Diplom-Ingenieur unter anderem beim Regierungspräsidenten in Arnsberg und im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Dieses »Rüstzeug« vermissen die Kritiker in der Union, deren Namen der Redaktion bekannt sind, beim Diplom-Agraringenieur Albrecht Pförtner.
Der aber genießt das »110-prozentige« Vertrauen von Landrat Adenauer. In der vom Landrat vor sechs Jahren geschaffenen Stabsstelle »Wirtschaftsförderung und Touristik« war Pförtner überwiegend für die Entwicklung des interregionalen Gewerbegebietes auf der Marburg tätig. Seit vergangenem Jahr setzt sich Pförtner gemeinsam mit dem Landrat für die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung im Kreis ein. Adenauer muss den Kreistag nicht um Erlaubnis fragen, wenn er das Dezernat intern neu besetzen will. Nach der vom Landrat herangezogenen nordrhein-westfälischen Kreisordnung darf er im Rahmen des von der Politik verabschiedeten Stellenplans und unter Beachtung des Beamten-, Arbeits- und Tarifrechts Personalentscheidungen treffen. Auf dieser Rechtsbasis will Adenauer nun seinen Kandidaten durchsetzen. Teile der Union werten das als Affront. Sie werfen dem Landrat eine undurchsichtige Personalpolitik vor.
So seien trotz des strikten Spar- und Konsolidierungskurses in der Kreisverwaltung in der Vergangenheit ungewöhnliche Karrieren im direkten Umfeld des Landrates ermöglicht worden. Dazu zähle etwa der Weg der Landrats-Gattin Carola Adenauer von der Regierungsrätin zur Regierungsdirektorin in nur fünf Jahren. Für solch eine Karriere benötige ein gewöhnlicher Angestellter mindestens zehn Jahre. Zu diesen ungewöhnlichen Karrieren zählen die Kritiker in der Union auch jene von Albrecht Pförtner, der es unter Adenauer ebenfalls in äußerst kurzer Zeit zum Regierungsdirektor gebracht habe (siehe Grafiken). Mit der Kür zum Dezernenten ohne öffentliche und transparente Ausschreibung solle dieser Weg nun fortgesetzt werden.
Vor dem Kreisausschuss begründete Adenauer diese Karrieren mit der guten Leistung seiner Mitarbeiter: »Wenn Mitarbeiter gute Arbeit leisten, muss das auch honoriert werden.« Die Beförderungen seien auf Empfehlung einer Verwaltungskommission vorgenommen worden. CDU-Fraktionschef Ludger Kaup zog damals mit, allerdings forderte er eine Änderung der Hauptsatzung. Dadurch sollte es dem Kreistag ermöglicht werden, künftig auch bei Höherbewertungen von Mitarbeitern im gehobenen Dienst mitreden zu können. Auf Bitte des Landrates verzichtete der Kreistag auf diese Änderung. Adenauer sicherte zu, das Gremium künftig freiwillig zu solchen Personalfragen zu konsultieren.

Artikel vom 11.05.2006