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Das Wort zum Sonntag

Von Christa Stausberg


»Er aber zog seine Straße fröhlich« (zu Apg. 8,26-40)
Wenn Sie Ihr Leben wie einen Film vor Ihren geistigen Augen abrollen lassen, sehen sicher auch Sie, bildlich gesprochen, manche Wüste vor sich. Sie fragen, wie Sie es nur geschafft haben, da durch zu kommen. Auch in »Wüstentagen des Glaubens«. Wie wichtig waren Glaubensfragen?
Im 8. Kapitel des Apostelgeschichte wird uns von der Begegnung des Philippus mit dem äthiopischen Hofbeamten erzählt. Dieser Hofbeamte, oberster Schatzmeister der Königin Kandake, hatte auf seinen Reisen schon viele Religionen kennen gelernt. Eines Tages hatte er den Gott der Israelis in den Schriften entdeckt. In Jerusalem wollte er mehr über diesen Gott erfahren. Er las auf seiner Reise dorthin in der Schriftrolle des Propheten Jesaja. Als sich Philippus dem Reisenden näherte, beschäftigte sich dieser mit der Schriftstelle von dem Schaf, das zur Schlachtbank geführt wird und seinen Mund nicht auftat. Wer war mit diesem Schaf gemeint? Darüber wollte und musste er einfach mehr erfahren.
Philippus sprach ihn an und im Gespräch setzten sie gemeinsam ihre Reise fort. »Da begann Philippus zu reden und ausgehend von dieser Schriftstelle verkündete er ihm das Evangelium von Christus« (Apg. 8,34). Entlang des Weges durch eine Wüste entdeckten die beiden Reisenden eine Wasserstelle. Der Kämmerer ließ anhalten und bat Philippus, ihn zu taufen. »Was steht meiner Taufe noch im Wege?« Und in der Tat, weder die schwarze Hautfarbe, noch der hohe Regierungsrang waren ein Hindernis der Taufe. Aber er glaubte von ganzem Herzen und Philippus taufte ihn.
Dann trennten sich ihre Wege. Von dem Äthiopier heißt es: »Er aber zog seine Straße fröhlich.« Diese Fröhlichkeit oder das neu gewonnene Vertrauen auf diesen starken Gott halfen ihm, sich den Gefahren der Wüste zu stellen. Keine Fata Morgana führte ihn in die Irre. Kein Dämon verunsicherte ihn. Die unübersehbare Weite der Wüste erdrückte ihn nicht. Die Stille regte ihn zum Gebet an. Gott war für ihn zu einem Gesprächspartner geworden.
Ich glaube, die meisten von uns kennen Wüsten nur aus Büchern oder Filmen. Aber jeder hat so seine »Wüsten« im Leben durchwandert. Es gab und wird sie immer wieder geben, »Durststrecken«, die durchwandert werden sollten. Bleibt der Mensch in dieser, seiner persönlichen Wüste stecken, bedeutet das, nicht mehr das Leben in Fülle zu haben. Solche Wüstenetappen können sein: Enttäuschung, Krankheit, der Tod eines lieben Menschen. Für viele kann Wüste auch bedeuten: Krieg, Flucht, Neuanfang. Ich bin sicher, der sich im Gebet und im Glauben an Gott wendet, ihn (wieder)-findet, sieht seine »Oase«, seine »Wasserstelle«, die ihm hilft, durch seine »Lebenswüste« zu gehen und das Leben in Fülle wieder zu entdecken.
Mir gefällt an der Geschichte vom Kämmerer aus Äthiopien, dass er seine Straße fröhlich zog, nachdem er sich hatte taufen lassen. Er hatte Gott gefunden. Und das wünsche ich uns auch.
Saint-Exupéry schildert in einem Buch die Erlebnisse einer Notlandung mitten in der Wüste. »Allein war ich in der Wüste keinen Augenblick«. Und der kleine Prinz sagt: »Ich habe die Wüste immer geliebt. Man sieht nichts. Man hört nichts und während dessen strahlt etwas in der Stille.«
Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir unseren Lebensweg vertrauensvoll weiter gehen. Erkannt oder unerkannt geht uns Gott zur Seite. Um die frohe Gelassenheit im Glauben nicht zu verfehlen, stellt uns Gott Wegweiser auf. Wie Philippus gibt es immer wieder Menschen, die die Tür zu Gott öffnen. Ein Traum wäre es, dass diese Welt von immer mehr Menschen bevölkert wird, die mit und in der Gewissheit der frohen Botschaft ihre Straßen gehen.

Artikel vom 13.05.2006