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Eng verwoben geht's voran

Die »Einheits-GmbH & Co. KG« als Rechtsform für den Mittelstand

Von Marc Flöthmann
Es gibt zwar nicht die »ideale« Rechtsform, aber gerade im Bereich der mittelständischen Wirtschaft sind häufig bestimmte Gesellschaftsformen vorübergehend in Mode. Vor vielen Jahren war insbesondere aus Haftungsgründen noch die schlichte GmbH sehr beliebt. Später wurde dann - zeitweise auch aus steuerlichen Gründen - die GmbH & Co. KG empfohlen.

Diese GmbH & Co. KG ist zunächst auch nichts anderes als eine normale Kommanditgesellschaft (KG). Eine KG hat immer zwei Arten von Gesellschaftern: Komplementäre und Kommanditisten. Die persönlich haftenden Komplementäre haften unbeschränkt, während bei den Kommanditisten die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (so geregelt in § 161 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB). Jede KG benötigt mindestens einen voll haftenden Komplementär und mindestens einen beschränkt haftenden Kommanditisten. Bei der typischen GmbH & Co. KG ist der voll haftende Komplementär nun gerade keine natürliche Person, also kein Mensch, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Demnach bestehen hier im Grunde zwei Gesellschaften: die eigentliche KG und die an ihr als Komplementärin beteiligte GmbH.
Die Geschäfte einer KG werden immer von der Komplementärin geführt, bei der GmbH & Co. KG also von der Komplementär-GmbH. Diese wiederum wird gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer, der nicht zwingend auch Gesellschafter der GmbH oder Kommanditist der KG sein muss. Geschäftsführer kann also auch ein unbeteiligter, angestellter Dritter sein.
In der Praxis wird häufig gewünscht, dass sämtliche Kommanditisten der KG in gleichem Verhältnis auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind. Beispielsweise kann ein alter Patriarch und Unternehmensgründer 50 % der Kommanditanteile und 50 % der GmbH-Anteile halten, während seine beiden Kinder jeweils zu 25 % an beiden Gesellschaften beteiligt sind. Diese Konstruktion der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG ist heute sehr weit verbreitet.
Es können sich dabei aber diverse Verzahnungsprobleme zwischen der GmbH und der KG ergeben. Was würde beispielsweise geschehen, wenn eines der Kinder des Patriarchen nur seine Kommanditbeteiligung veräußern oder gar den KG-Vertrag kündigen würde, aber an der GmbH beteiligt bliebe? Welche Folgen hätte es, wenn die Gesellschafterversammlungen der GmbH und der KG abweichende Beschlüsse fassen würden? Ähnliche Probleme und Risiken bestehen generell im Zusammenhang mit der Übertragung, Belastung und Vererbung von Anteilen, bei der Beschlussfassung, Stimmrechtsausübung, Kapitalerhöhung, Kündigung und Auflösung.
Zur Lösung dieser Verzahnungsprobleme bieten sich insbesondere die beiden folgenden Möglichkeiten an: Der eher traditionelle Weg wäre es, zu allen genannten Problemkreisen gleichlautende (bzw. aufeinander abgestimmte) Regelungen im Gesellschaftsvertrag der GmbH und im Gesellschaftsvertrag der KG zu treffen. Daneben ist inzwischen auch die Möglichkeit der sogenannten »Einheits-GmbH & Co. KG« allgemein anerkannt.
Die Einheits-GmbH & Co. KG zeichnet sich dadurch aus, dass sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH nicht von mehreren (möglicherweise streitenden) natürlichen Personen, sondern von der KG selbst gehalten werden. Die KG ist Alleingesellschafterin der GmbH. Vereinfacht ausgedrückt, gehört die KG zwar noch ihren Kommanditisten, die Komplementärin gehört ihr jedoch selbst. Hier beißt sich die Katze sprichwörtlich in den eigenen Schwanz. Dies hat im Ergebnis den sehr großen Vorteil, dass alle unternehmerischen Entscheidungen nicht mehr in beiden Gesellschafterversammlungen (der GmbH und der KG), sondern nur noch in der Gesellschafterversammlung der KG getroffen werden müssen. Die GmbH - als 100-prozentige Tochtergesellschaft - folgt der Entscheidung ihrer Mutter dann idealerweise »automatisch«. Die Steuerung wird also deutlich erleichtert.
Daneben vereinfacht sich auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen. Entschließt sich der Patriarch in unserem oben dargestellten Beispiel nun dazu, auch seine derzeit noch bestehende 50-prozentige Unternehmensbeteiligung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die beiden Kinder zu übertragenen, so muss er im Falle einer Einheits-GmbH & Co. KG nur seine Kommanditbeteiligung übertragen. Bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG hätte er daneben auch die GmbH-Beteiligung übertragen müssen.
Die beiden wesentlichsten Vorteile der Einheits-GmbH & Co. KG sind also der automatische Gleichlauf der beiden Gesellschaften und die Kostenersparnis beim Beteiligungsverkauf.
Jedoch ergeben sich für den Unternehmer keine zusätzlichen Vorteile im Zusammenhang mit der Aufbringung und Erhaltung des haftenden Kapitals. Hier ist nämlich der Gläubigerschutz zu beachten. Das Haftkapital ist für die GmbH und die KG jeweils getrennt voneinander aufzubringen. Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten demnach als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Wenn ein Kommanditist also »nur« seinen GmbH-Anteil in die KG einbringt, so hat die KG auch weiterhin einen gegen den Kommanditisten gerichteten Anspruch auf Zahlung der Einlage. Seine persönliche Haftung würde fortbestehen. Andererseits kann die KG dem Kommanditisten seinen GmbH-Anteil aber auch nicht abkaufen, da er dann im Ergebnis seine zuvor geleistete Kommanditeinlage zurückerhalten und wieder persönlich haften würde.
Wenn also kein Haftungsrisiko eingegangen werden soll, so sind das Stammkapital der GmbH und das Haftkapital der KG jeweils getrennt aufzubringen, zu erhalten und keinesfalls aufeinander anzurechnen. Im Idealfall wird das Stammkapital der GmbH (derzeit noch mindestens 25.000 Euro) sogar in voller Höhe einbezahlt, um eine Haftung der KG für die ausstehenden Stammeinlagen zu verhindern. Anschließend werden dann sämtliche GmbH-Anteile unentgeltlich auf die KG übertragen. Es besteht in juristischen Fachkreisen noch ein Meinungsstreit darüber, ob die GmbH das bei ihr »geparkte« Stammkapital wenigstens als Darlehen der KG zur Verfügung stellen darf, damit diese mit dem Geld arbeiten kann. Da nicht ausgeschlossen ist, dass eine solche Darlehensüberlassung von den zuständigen Gerichten als unzulässige Einlagenrückgewähr beurteilt werden könnte, sollte von einer entsprechenden Darlehensgewährung vorläufig abgesehen werden.
Ein Problem der Einheits-GmbH & Co. KG ergibt sich beispielsweise bei der Abberufung des Geschäftsführers. Es wurde bereits dargestellt, dass die KG grundsätzlich vom Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertreten wird. Soll jedoch der Geschäftsführer der GmbH abberufen werden, dann haben darüber die Gesellschafter der GmbH in der Gesellschafterversammlung zu entscheiden. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist bei der Einheits-GmbH & Co. KG immer die KG selbst. Sie wird auf der Gesellschafterversammlung der GmbH durch den Geschäftsführer vertreten. Hier müsste sich der Geschäftsführer also eigentlich selbst abberufen, was aber wohl schon wegen der Interessenkollision zu einem Stimmrechtsverbot nach führen würde. Dieses Problem lässt sich in der Praxis etwa dadurch lösen, dass bereits im Gesellschaftsvertrag der KG den Kommanditisten eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt wird, um die KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH zu vertreten. Im KG-Vertrag sollte dann auch ausgeschlossen werden, dass der Geschäftsführer diese Vollmacht widerruft oder den jeweils Bevollmächtigten eine inhaltliche Weisung erteilt. Auch über den Gesellschaftsvertrag der GmbH kann das beschriebene Problem gelöst werden, indem man dort einen freiwilligen Beirat einrichtet, welcher unter anderem für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern zuständig sein kann. Somit wird erkennbar, dass für die Einrichtung einer funktionsfähigen Einheits-GmbH & Co. KG zunächst ein gewisser Gestaltungsaufwand betrieben werden muss. Sind die beiden Gesellschaften (GmbH und KG) aber erst einmal zur Einheitsgesellschaft verwoben, dann führt dies mittelfristig zu Erleichterungen

Artikel vom 13.05.2006