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Nicht konform
mit Uniform

Heiße Diskussionen an den Schulen

Von Thomas Meyer (Text und Fotos)
Herford (HK). Kleider machen Leute - schon längst ist die Jugend, die beim Einkaufen auf Topmode achtet, auf diesen Zug der Zeit aufgesprungen. In den Schulen jedoch soll der »Marken-Wahn« bald der Vergangenheit angehören. Im Gespräch ist die Einführung von Schuluniformen. Ein Thema, das auch in Herford heiß diskutiert wird.

Joana Richardson, die die Klasse 10 der Hauptschule Meierfeld besucht, stammt gebürtig aus England. Dort haben Schuluniformen bereits eine lange Tradition. Die 16-Jährige weiß allerdings aus Erfahrung: »Das Tragen von Einheitskleidung kann niemals alle bestehenden sozialen Probleme lösen.« In ihrer Kindheit in Großbritannien trug sie graue Uniformen mit Schulwappen, schwarzen Schuhen und weißen Socken, wie alle anderen Schüler auch. »Für die Familien war das sehr teuer«, erklärt die Schülerin. »Wir mussten die Hemden, Blusen, Jacken und Röcke selbst kaufen.« Jedes Jahr aufs Neue - denn Kinder und Jugendliche wachsen nun mal. Außerdem sei für das geschulte Auge erkennbar, ob es sich bei den Uniformen um hochwertige oder minderwertige Qualität handele. Abiturient Tim Santen (18) vom Ravensberger Gymnasium will an Schuluniformen nicht einmal denken: »Ich will mich dadurch nicht in der Darstellung und Gestaltung meiner Persönlichkeit einschränken lassen«, meint der Schüler.
Kontrovers beleuchtet wird das Thema auch in den Lehrerkollegien. Friedrich-Wilhelm-Harre, Leiter der Hauptschule Meierfeld: »Leider ist die Hauptschule als Schulform immer noch und gerade jetzt mit harten Vorurteilen belastet. Wenn der jeweilige Schultyp an der Uniform erkennbar wird, kann es leicht zu Diskriminierungen kommen.«
An der Otto-Hahn-Realschule gibt es hingegen eine fünfte Klasse, die die Einführung von einheitlicher Kleidung selbst angeregt hat. Dieses Anliegen wird derzeit in der Schulkonferenz besprochen. »Die Schüler wollen die Uniformen, damit das Lästern über ÝbilligeÜ Kleidung aufhört und ihr Wir-Gefühle gestärkt wird«, sagt Klassenlehrer Volkmar Rolfes. Sollte es zu einem positiven Beschluss kommen, tragen demnächst alle Fünft- und Sechstklässler Uniformen. »Das ist der richtige Weg«, findet Rolfes, »jetzt müssen nur noch die Eltern zustimmen«.
Am Königin-Mathilde-Gymnasium »klaffen die Meinungen weit auseiander«, räumt Schulleiterin Christa Wille-Möller ein. Eine »von oben angeordnete Uniformierung« sei nicht jedermanns Sache, zumal Kleidung auch der Ausdruck von Individualität sei. »Andererseits ist der ÝMarken-WahnÜ immer weiter ausgeufert.«
Alexander Scheck, Leiter der Gesamtschule Friedenstal, sieht für die Einführung von Uniformen weder eine Möglichkeit, noch eine Notwendigkeit. Integrationsprobleme könnten dadurch nicht gelöst, sondern nur verkleidet werden. »Man sollte sich stattdessen Gedanken über wirksame Sprachförderung machen.«

Artikel vom 11.05.2006