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Liebeserklärung
an die Musik

Liederabend weckt Frühlingsgefühle

Bad Driburg (WB). Ein Liederabend ist heutzutage in den Konzertsälen schon zu einem relativ seltenen Ereignis geworden. Um so mehr Anerkennung gebührt der Gesellschaft zur Pflege klassischer Musik, die ihren Konzertabend im Bad Driburger Rathaussaal dem Kunstlied gewidmet hat. Der gute Besuch rechtfertigte ein solches Unterfangen.

Drei der ganz großen Liedkomponisten, Schubert, Schumann und Brahms, standen auf dem Programm der beiden Künstler aus Leipzig. Allen voran Franz Schubert, der in seinem kurzen Leben über 600 Lieder geschrieben hat. Preziosen, die zum Schönsten und Vollendetsten gehören, was diese Gattung aufzuweisen hat.
Richtungsweisend eröffnete der Bariton Andreas Sommerfeld mit einigen der bekanntesten Schubert-Liedern seinen Vortrag. Einem Credo gleich setzte er die Liebeserklärung »An die Musik« an den Anfang seiner Liedfolge. Andreas Sommerfeld hat einen wohlklingenden ausgewogenen Bariton, ausgestattet mit einem warmen vollen Timbre. Doch bei der Interpretation der Lieder verlegte er sich auf lineares Singen und blieb in Schuberts melancholischem Hell/Dunkel freundlich einfarbig.
Die Texte mögen oft schlicht und einfach sein, doch Schuberts Musik adelt die Gedichte, ihm gelingt es mit seinen Kompositionen Bilder in der Seele entstehen zu lassen, die tief anrühren und bewegen können. Eine solch subtile Textausdeutung, die eine große Liebe oder eine kleine Tragödie mit einigen genialen musikalischen Einfällen umreißen kann, gelang Andreas Sommerfeld eher selten. Das »Heideröslein« ist halt mehr als eine hübsche Naturbeschreibung. Die farblichen Stufungen und harmonischen Überraschungen blieben meist blass.
Der Zyklus »Dichterliebe« nach Gedichten von Heinrich Heine stammt aus Schumanns fruchtbarem Liederjahr 1840. Es sind Kostbarkeiten für Sänger, die klären können, wie sensibel der Komponist Tonfall und Stimmung der Gedichte unterscheidet. So Heines leichte, manchmal ironisch aufblitzenden Verse auf eine »Dichterliebe«.
Andreas Sommerfeld bemühte sich, verschiedene Stimmungen deutlich hervor treten zu lassen, aber die Lieder klangen meist doch recht ähnlich.
Für Heines »Im wunderschönen Monat Mai« hätte man zumindest die Andeutung von Frühlingsgefühlen erwartet. Es fehlte einfach an Nachsinnen, an Feuer, Jubel oder Leidenschaft. Auch bei »Im Rhein im heiligen Strome« kann der Interpret im besten Falle ein schier unerschöpfliches Stimm-und Gestaltungspotenzial einsetzen. Gerade Robert Schumanns Schicksal war eng mit dem Rhein verbunden; in den er sich 1854 stürzte. Zwei Jahre später ist er in der psychiatrischen Klinik in Endenich gestorben.
Der Pianist Ulrich Urban erwies sich als Partner, der sich auf den Sänger einstellte und ihm Halt und Stütze bot. Er bemühte sich um Balance zwischen dienender Begleitung und Differenzierung, dominierte aber zuweilen stark. Das Publikum hatte viel Freude an den romantischen, den Frühling herauf beschwörenden Liedern und verabschiedete die beiden Künstler nicht ohne zwei Zugaben. Dagmar Korth

Artikel vom 11.05.2006