10.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wahre Liebe gibt es nur auf dem Mond

Comedian Harmonists im Herforder Stadttheater - Bühnenhandlung mit zwei Strängen

Von Silke Schade (Text und Foto)
Herford (HK). Aus der Dunkelheit der Bühne erheben sich fünf Männerstimmen. Sie singen Silben statt Wörter, klettern Tonleitern rauf und runter, springen zwischen Höhen und Tiefen hin und her. Doch erst, als blaues Licht auf die Bühne des Stadttheaters fällt, wird den 650 Zuhörern am Sonntagabend klar, was sie vorher nur erahnen konnten: Hier holt sich die älteste »Boygroup« der Welt den Feinschliff für den Auftritt. Es sind die berühmten Comedian Harmonists.

ÊIhr Proberaum: eine Eckkneipe im Berliner Hinterkiez. Das Üben ist an diesem Abend nur Vorwand, denn eigentlich soll gefeiert werden. Erich (Olaf Drauschke) heiratet nämlich morgen seine Marie (Birge Funke). Je mehr Mollen Bier geleert werden, desto verrückter werden auch die Ideen. Warum nicht einmal Paul Linckes Operette »Frau Luna« auf die Bühne bringen? »Mädchen lieben das«, wirft Arri (Holger Off) ein und räumt auf einen Schlag alle Zweifel beiseite. Neben der Wirtin (Bettina Meske) wird auch Marie mit ins Boot geholt. Womit die Proben von Anfang unter keinem guten Stern stehen. Schon bald kommt es zum Zerwürfnis zwischen den Brautleuten.
Die Mondreise geht trotzdem weiter. Dabei erleben die Zuschauer keine Operette im klassischen Sinne, sondern eine spritzige Nacherzählung des Linckeschen Stoffes durch die »Berlin Comedian Harmonists«, das Ensemble des Komödien-Theaters am Kurfürstendamm. So locker und leicht, wie sie singen, spielen sie auch. Mit kesser Berliner Schnauze und einem wohlwollenden Augenzwinkern gleich hinterher.
Die Sänger begegnen Frau Luna (Bettina Meske) und müssen von nun an ganz und gar nach ihrer Pfeife tanzen. Was sie auch liebend gern tun, sogar dann, wenn die Mondfrau den barschen Kasernenton anschlägt. Ihrem Bann kann sich dennoch kein Mann entziehen. Auf deren Brüsten blinken schon bald die roten Herzen als Zeichen der Verehrung.
Die Liebe ist auch der Grund, aus dem Marie ihrem Erich auf den Mond nachreist. Dort finden die Geschiedenen wieder zueinander - bald läuten die Hochzeitsglocken. Nicht einfach an dieser Stelle für die Zuschauer, die beiden Handlungsstränge - die Theaterprobe auf der einen, die Mondreise auf der anderen Seite - gedanklich voneinander zu trennen. Zum Glück ging es aber um und vor allem mit Musik.
Mit stimmigen Arrangements bauten die Harmonists »Schlösser, die im Monde liegen« oder ließen die berühmte »Berliner Luft« durch die Reihen wehen. Anfangs tönten sie noch laut: »Bis morgens früh um Fünf, kleine Maus, geh'n wir nicht nach Haus.« Fehlanzeige. Nach zwei Zugaben waren sie dann doch verschwunden.

Artikel vom 10.05.2006